Lieferketten

Neue Pflichten für deutsche Unternehmen

Was Unternehmen über das deutsche Lieferkettengesetz wissen sollten.

Am 1. Januar 2023 ist in Deutschland das „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten“, auch Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) oder kurz Lieferkettengesetz genannt, in Kraft getreten. Seit Jahresbeginn 2024 hat sich der Kreis der von dem Gesetz betroffenen Unternehmen erweitert. Das Gesetz soll grundlegende Menschenrechte in der globalen Wirtschaft besser schützen und insbesondere ein Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit durchsetzen. Auch der Umwelt- und Gesundheitsschutz entlang der Lieferketten soll damit verbessert werden. Die im Gesetz definierten Sorgfaltspflichten leiten sich aus den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen (UN) ab, die 2011 vom UN-Menschenrechtsrat verabschiedet wurden. Sie sehen neben Staaten auch Unternehmen in der Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte.

Viele Unternehmen sehen durch das Gesetz mehr Bürokratie und höhere Kosten auf sich zukommen. Die Auswirkungen des deutschen Lieferkettengesetzes seien „heute schon spürbar“, sagte Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), bereits im Dezember 2023 der Nachrichtenagentur dpa. Das würde auch für kleine und mittelständische Unternehmen gelten, die nicht direkt von dem Gesetz betroffen seien. Denn wenn diese Geschäfte mit großen Unternehmen machten, werde auch von ihnen verlangt, die Standards zu erfüllen, gab Adrian zu bedenken. Die Zielsetzung des Gesetzes werde von der deutschen Wirtschaft zwar geteilt, sorge in der Praxis aber für Schwierigkeiten.

Was sich hinter dem Gesetz verbirgt, zeigt unser Kurzüberblick.

Quelle (soweit nicht anders angegeben): Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Auch kleine und mittlere Unternehmen indirekt betroffen

60 Prozent der direkt vom Gesetz betroffenen Unternehmen hatten laut einer im Februar 2022 veröffentlichten DIHK-Umfrage bereits Anfragen zu menschenrechts- und umweltbezogenen Risiken in ihrer Lieferkette von Auftraggebern und Kunden, aber auch von Lieferanten und Banken. Dass das Thema Menschenrechte und Umwelt auch für die nicht direkt vom Lieferkettengesetz betroffenen Betriebe immer wichtiger wird, zeigen weitere Umfrageergebnisse: Bei Betrieben mit 250 bis 999 Mitarbeitern verzeichnete mehr als die Hälfte entsprechende Anfragen. Selbst bei den Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten waren es fast 40 Prozent.

Eine Herausforderung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU): Die direkt betroffenen größeren Unternehmen gaben laut dem DIHK schon vor dem Inkrafttreten des LkSG ihre Pflichten häufig in Form eines „Code of Conduct“ oder von Regressklauseln an ihre Lieferanten weiter. Diese stammen oft aus dem Bereich der KMU und müssen zum Beispiel durch die Beantwortung umfassender Fragebögen die erforderlichen Informationen beisteuern und daher wiederum ihre eigene Lieferkette genau kennen.

Wie Unternehmen den Anforderungen des Lieferkettengesetzes gerecht werden

Unternehmen haben eine Reihe von Möglichkeiten, die unter das Lieferkettengesetz fallenden Menschenrechts- und Umweltrisiken zu begrenzen:

  • Durchführung einer Risikoanalyse
  • Kooperative Zusammenarbeit mit Zulieferern
  • Festlegung eines Verhaltenskodex als Bestandteil des Liefervertrags und entsprechende Erklärungen auf Geschäftspapieren
  • Durchführung von Zertifizierungsverfahren und Audits
  • Durchführung von Schulungen, auch bei Zulieferern im Ausland
  • Einbindung externer Dienstleister, etwa für die Überprüfung von Zulieferern oder die Einführung eines Risikomanagements
  • Einführung von digitalen Lösungen zur Nachverfolgung in den Lieferketten
  • Einführung eines Beschwerdemechanismus
  • Beteiligung an Brancheninitiativen

Viele Unternehmen sind laut der DIHK-Umfrage diesbezüglich bereits aktiv.

EU-Lieferkettengesetz

Im März 2024 haben sich nach zähen Verhandlungen die EU-Botschafter der Mitgliedstaaten einer EU-Lieferkettenrichtlinie zugestimmt. Diese soll nach einer Übergangsfrist von drei Jahren zunächst für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Milliarden Euro Jahresumsatz weltweit gelten. Nach vier Jahren sinkt die Grenze auf 4.000 Beschäftigte und 900 Millionen Euro Jahresumsatz, nach fünf Jahren auf 1.000 Mitarbeitende und 450 Millionen Euro Jahresumsatz. Im nächsten Schritt muss das EU-Parlament dem Gesetz zustimmen. Das deutsche Lieferkettengesetz muss danach an die EU-Richtlinie angepasst werden. Unterschiede gibt es vor allem bei der Haftung: Beispielsweise könnten deutsche Unternehmen, in deren Lieferketten es zu Verstößen gegen Menschenrechte kommt, künftig vor europäischen Gerichten zur Rechenschaft gezogen werden.

Nützliche Links

  • Originaltext des Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten
  • Der Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung ist eine zentrale Anlaufstelle für alle Fragen zu menschenrechtlicher Sorgfalt.
  • Der CSR-Risiko-Check ist ein Online-Tool der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung zur Einschätzung lokaler Menschenrechtssituationen sowie von Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards im Ausland.
  • Der KMU-Kompass der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung unterstützt kleine und mittlere Unternehmen bei der Umsetzung der Kernprozesse menschenrechtlicher Sorgfalt im Unternehmen.
  • Der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte bietet Unternehmen Fallstudien, Hintergrundinformationen und Anleitungen aus dem Unternehmensalltag.

Stand: Februar 2024; alle Angaben ohne Gewähr

Bildnachweis: iStockphoto (Ridofranz / Cecilie_Arcurs)

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