05.04.2023

Neue An­for­derungen für Pro­duk­te und Dienst­leistungen

Für Rollstuhlfahrer, Sehbehinderte oder Gehörlose steckt der Alltag voller Hürden. Ein neues Gesetz verpflichtet die Anbieter von Produkten und Dienstleistungen dazu, Barrieren abzubauen. Auch Banken sind gefordert – und haben sich bereits auf den Weg gemacht.

Was steckt da­hinter?

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – dieses Wortungetüm ist schon für Menschen mit uneingeschränkter Wahrnehmung nicht gerade barrierefrei. Was dahintersteckt, ist jedoch ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft. Mit dem Gesetz – abgekürzt BFSG – setzt Deutschland eine EU-Richtlinie um. Die dort formulierten Anforderungen an Produkte und Dienstleistungen sollen auch Älteren und Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Sie treten 2025 in Kraft.

Ein drängendes Thema

Ein Blick auf die Zahlen zeigt die Bedeutung des Themas: Laut Statistischem Bundesamt lebten Ende 2021 in Deutschland rund 7,8 Millionen schwerbehinderte Menschen – 9,4 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die demografische Entwicklung wird die Situation verschärfen, denn Behinderungen treten häufig bei älteren Menschen auf: Knapp ein Viertel der Betroffenen ist schon heute 65 Jahre und älter. Als schwerbehindert gelten Menschen mit einem Behinderungsgrad von mindestens 50. Sie können, etwa als Rollstuhlfahrer, körperlich eingeschränkt oder, zum Beispiel beim Sehen oder Hören, in der Wahrnehmung beeinträchtigt sein.

Auch beim Banking ste­hen die Zei­chen auf Barriere­freiheit

Ein wichtiger Punkt: Filialen, die möglichst leicht und ohne fremde Hilfe zugänglich sind. Ein weiterer: Selbstbedienungsterminals, die für Menschen mit Sinnesbehinderungen eingerichtet sind. Das kann eine akustische Sprachausgabe zusätzlich zur Bildschirmansicht oder die Möglichkeit zum Ertasten sein. Die Automaten sollen generell auch für körperlich eingeschränkte Menschen zugänglich und durch eine entsprechende Position der Bedienelemente gut zu nutzen sein – mit einem Rollstuhl unterfahrbar sind allerdings nur wenige. Auch gehörlose Menschen stoßen bei der Erledigung ihrer Bankgeschäfte häufig auf Probleme. Grundsätzlich gibt es hilfreiche Dienste wie Tess: Betroffene rufen per Video einen Gebärdensprachdolmetscher an, der eine Telefonverbindung zur gewünschten hörenden Person herstellt – das Telefonat wird dann für beide Teilnehmer von Gebärdensprache in Lautsprache und umgekehrt übersetzt. Um diesen Service zu nutzen, müsste der Kunde seine Bank allerdings zumindest teilweise von der Verpflichtung entbinden, das Bankgeheimnis zu wahren. Eine weitere Möglichkeit: Bankmitarbeitende werden gezielt für Kunden mit Behinderung geschult.

Die di­gi­tale Welt ohne Bar­rieren

Zur einfachen Bedienbarkeit des digitalen Angebots gehören ein hinreichender Kontrast zwischen Hintergrund und Schriftebene sowie gut lesbare Schriftarten. Zudem sollten eine einfache Navigation und eine verständliche Menüführung die Nutzung erleichtern. Hilfreich für Blinde und Sehbehinderte ist es, wenn Benutzeroberflächen möglichst gut für sogenannte Screenreader lesbar sind. So eine Vorlese-Software gibt es für Windows- ebenso wie für Apple- Rechner und sowohl für Android- als auch für iOS-Produkte.

Groß- und Klein­ge­drucktes – die Welt der Sprache

Um niemanden von modernen Finanzdienstleistungen auszuschließen, muss auch jeder verstehen können, worum es geht. Das ist nicht immer leicht, zumal sich Banken an zahlreiche gesetzliche oder regulatorische Vorgaben – etwa zur Verwendung bestimmter Begrifflichkeiten – halten müssen. Aber es gibt durchaus verschiedene Möglichkeiten, Produkte zu beschreiben.