01.09.2021

DAX 40 – warum modernisiert sich der deutsche Leitindex?

Eine Reform war spätestens seit dem Wirecard-Skandal längst überfällig, nun ist es beschlossene Sache. Am 20. September ändert sich beim DAX 30 einiges – der Börsenindex begrüßt zehn weitere börsennotierte Aktiengesellschaften in seinen Reihen und bekommt damit einen neuen Namen: DAX 40. DAX-Anleger/innen brauchen dennoch nicht in den „Risk-on”-Modus zu schalten: Große Kurssprünge sind laut Experten eher unwahrscheinlich.

Mehr Unternehmen, neue Regeln – größte Wende in der DAX-Geschichte

Den DAX (Deutscher Aktienindex) gibt es seit Juli 1988. Als bedeutendster Börsenindex spiegelt der DAX die Wertentwicklung umsatzstarker deutscher Aktien wider und gilt damit als wichtiges Barometer für die Marktstimmung. Der Leitindex stellt quasi die Bundesliga der deutschen Wirtschaft dar: Im DAX sammeln sich die größten und liquidesten Top-Unternehmen, die an der Börse notiert sind. Dazu gehören Siemens, Volkswagen, E.ON, Deutsche Wohnen, Bayer und Adidas. Ihre Marktkapitalisierung entspricht rund 80 Prozent aller börsennotierten Firmen in Deutschland. Gleichzeitig fungiert der DAX als Benchmark für börsengehandelte Fonds (ETFs) und andere Finanzprodukte.

Die Neuzusammensetzung der DAX-Familie soll dazu beitragen, dass der Leitindex die deutsche Wirtschaft künftig noch besser als zuvor repräsentiert. Neben den klassischen Industrien dürften in Zukunft mehr Unternehmen der „New Economy“ den DAX 40 bereichern. Von Bedeutung ist außerdem das strengere Regelwerk rund um die Aufnahme neuer Titel und den Verbleib von Unternehmen im Index. Die DAX-Reform zielt darauf ab, den deutschen Börsenindex an internationale Standards anzugleichen und durch zusätzliche Qualitätskriterien zu optimieren.

Welche Unternehmen steigen in den DAX 40 auf?

Der DAX 40 setzt sich ab September weiterhin aus den Unternehmen zusammen, die bislang im DAX 30 vertreten sind. Welche Firmen den vergrößerten Börsenindex komplett machen, gibt die Deutsche Börse erst am 3. September bekannt. Es gibt allerdings bereits Vermutungen: Kochboxenlieferant HelloFresh, Online-Modehändler Zalando, Flugzeugbauer Airbus sowie Duft- und Aromenhersteller Symrise sind einige der vielversprechendsten Kandidaten.

Wie Ihnen vielleicht schon aufgefallen ist, handelt es sich bei diesen Firmen ausnahmslos um MDAX-Aktien. Der Mid-Cap-DAX schrumpft damit von 60 auf 50 Werte. Die Rangliste der Unternehmen erfolgt in Zukunft nur noch auf Basis der Marktkapitalisierung, der Börsenumsatz bleibt dabei unberücksichtigt. Stattdessen ist eine Mindestliquidität maßgeblich.

Verschärfte Regeln – was sind die wichtigsten Änderungen?

Das geänderte Indexregelwerk tritt sukzessive bis September in Kraft, viele Neuerungen gelten bereits:

  • Seit Dezember 2020 kommen potenzielle DAX-Unternehmen nur für eine Aufnahme in den Index infrage, wenn sie ein positives EBITDA in den zwei letzten Finanzberichten vorweisen können. Hinter diesem Begriff verbirgt sich eine wichtige Unternehmenskennzahl, die den Gewinn (vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen) darstellt.
  • Seit März 2021 sind die Firmen dazu verpflichtet, ihre testierten Geschäftsberichte und Quartalsmitteilungen (vierteljährlich) zu veröffentlichen. Wenn sie diesen Anforderungen nicht nachkommen, fallen sie nach einer Warnfrist von 30 Tagen aus dem Index.
  • Seit März 2021 müssen alle neuen Unternehmen im DAX zusätzlich die Empfehlungen zu guter Unternehmensführung gemäß dem Deutschen Corporate Governance Kodex erfüllen. Entscheidend ist hier, dass sie einen Prüfungsausschuss im Aufsichtsrat bestellen. (Bestehende Firmen brauchen diese Regel erst im September 2022 umzusetzen).
  • Die planmäßigen Hauptüberprüfungen finden nicht mehr nur einmal im Jahr, sondern seit 2021 zweimal jährlich im März und September statt.

Gibt es Kritik am DAX 40 und den Änderungen beim Regelwerk?

Eine Neuausrichtung war schon länger im Gespräch. Mit dem Bilanzskandal um den Bezahldienstleister Wirecard beschleunigte sich die Entscheidung offensichtlich: Wie sich bestimmt noch viele Anlegende erinnern können, gehörte Wirecard einst dem DAX 30 an. Als der nachgewiesene Betrugsfall ans Licht kam, musste die Deutsche Börse mit einer raschen Regeländerung reagieren. Die insolvente Firma flog im August 2020 und damit vor der nächsten regulären Überprüfung aus dem DAX. Auf die neuen Regeln reagierte eine Mehrheit der Marktteilnehmer positiv. Durch die DAX-Reform kann der Indexanbieter nun schneller reagieren, was das Vertrauen der Investierenden in die Kapitalmärkte wieder stärken dürfte.

Ein erweiterter DAX bedeutet für die Zukunft zudem eine breitere Risikostreuung. Im internationalen Vergleich schließt die Deutsche Börse mit einem DAX 40 an die Standards anderer Länder an – beispielsweise enthält der französische Leitindex CAC 40 die gleiche Anzahl an Werten, der britische FTSE 100 ist sogar noch breiter aufgestellt. Im Gegenzug verkleinert sich jedoch der MDAX, was einige Kritiker als problematisch ansehen.

Bei einer geplanten Änderung setzte die Börse allerdings den Rotstift an: Eigentlich sollte der DAX nachhaltiger werden, was den Ausschluss von börsennotierten Unternehmen der Rüstungsindustrie vorgab. Dadurch sah sich nicht zuletzt das MDAX-Unternehmen Airbus diskriminiert, das einen Teil seines Umsatzes durch Rüstungsgeschäfte generiert. Für eine derartige Trendwende ist der deutsche Leitindex wohl noch nicht bereit. Damit sind im DAX 40 weiterhin Firmen zugelassen, die in „umstrittenen“ Bereichen ihr Geld machen.

Was ändert sich für mich mit dem DAX 40 – muss ich handeln?

Falls Sie bereits über ETFs (börsengehandelte Indexfonds) in den DAX investieren, bekommen Sie die Aufsteiger automatisch in Ihr Portfolio. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, in Einzelaktion zu investieren – eine gewinnsichere Anlagestrategie („Index-Effekt“) lässt aus dem DAX-Einzug allerdings nicht ableiten. Denn es ist nicht gesagt, ob und inwiefern die Kurse der neuen Werte im DAX 40 steigen werden. Börsenakteure spekulieren über den geplanten Umbau des DAX ohnehin schon seit vergangenem Jahr, als die Deutsche Börse im Oktober erste Andeutungen zu einer möglichen Erweiterung machte.

Tipp

Mit einem ETF-Sparplan streuen Sie Ihr Anlagerisiko und bauen langfristig ein Vermögen auf – der Einstieg in die Börsenwelt gelingt Ihnen so schon mit kleinen Sparraten jeden Monat.