07.02.2022

E-Mobility – Schnelllader profitabler als gedacht?

Der Mineralölmulti BP (British Petrol) setzt auf Elektromobilität: Bis 2025 sollen 8.000 neue Ladepunkte in Deutschland und Europa entstehen. Die Investitionen in Lade­infra­struktur und Technologie brachten dem Konzern allerdings bislang keine wirklichen Profite ein. Dennoch glaubt BP an seine Zukunfts­strategie: Denn die Gewinn­spannen beim Strom­verkauf steigen – bald schon könnten Lade­punkte sogar profitabler sein als traditionelle Zapfsäulen.

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Megatrend Elektromobilität – wo steht Deutschland aktuell?

Verkehr gehört zu den größten Verursachern von Treib­haus­gas­emissionen: Für rund ein Fünftel der schädl­ichen Emissionen in Europa ist der Verkehrs­sektor verantwortlich. Klima­freundliche Mobilität ist daher ein wichtiger Schlüssel für Klima­schutz – und ein lukrativer Wachstums­markt. Im Jahr 2021 gab es insgesamt 355.961 Neu­zulassungen von Elektro­autos in Deutschland. Damit nahmen die Fahrzeuge mit rein elektrischem Antrieb einen Anteil von etwa 14 Prozent ein. Diese Entwicklung ist bemerkenswert: 2019 waren es nur 63.281 Neuzulassungen, 2020 sprang die Anzahl bereits auf 194.163.

Die Bundes­regierung hat sich im Rahmen des Klima­schutz­programms ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Bis 2030 sollen sieben bis zehn Millionen Elektro­fahrzeuge über deutsche Straßen rollen. Um den Umstieg auf Elektro­mobilität zu fördern, wurde unter anderem der „Master­plan Lade­infra­struktur“ beschlossen. Dieser Masterplan sieht vor, die Lade­infra­struktur flächen­deckend auszubauen und bis 2030 eine Million öffentlich zugängliche Lade­punkte einzurichten.

Ladeoffensive an der Tankstelle geplant

Am Geschäft mit der Elektrifizierung möchte auch BP mitverdienen. Der Konzern hat vor, die Spitzen­position unter den Anbietern für Ladestrom an Tankstellen einzunehmen. Deswegen investiert BP kräftig in seine Lade­infra­struktur – so zum Beispiel bei seinem Unter­nehmen Aral, das seit 2002 zum BP-Konzern gehört. Ein in Deutsch­land hierfür wichtiges Projekt ist „Aral pulse“: Das Ultra-Fast-Charging-Angebot an Aral-Tankstellen verspricht eine Aufladung von bis zu 300 Kilometern Reichweite in 10 Minuten.

Gewinne erwirtschaftet BP allerdings vorwiegend mit fossilen Brenn­stoffen. Die Lade­säulen waren für BP sowie für Aral, Shell und andere Anbieter bislang eher ein verlust­bringendes Geschäft. Neueste Geschäfts­zahlen beweisen jedoch, dass sich der Investitions­plan für BP möglicher­weise schon sehr bald auszahlt. Das Mineralöl­unternehmen gab vor Kurzem bekannt, dass die Schnell­lade­punkte beinahe schon an die Tanksäulen für Verbrenner herankommen. Die Gewinn­margen fürs E-Tanken nähern sich damit allmählich denjenigen für Benzin und Diesel an. In naher Zukunft soll das Geschäft mit Lade­möglich­keiten für Elektro­autos noch lukrativer werden. Gewinn wirft die Geschäfts­sparte aber wahrscheinlich erst ab 2025 ab.

Große Chancen insbesondere für die Schnellladung

BP steigerte seinen Absatz von Lade­strom im dritten Quartal 2021 um 45 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Nach eigenen Angaben hat der Konzern das Absatz­wachstum einer gestiegenen Nachfrage in Europa und Groß­britannien zu verdanken. Überraschend ist das nicht wirklich: Laut Ladenetz-Ranking des Verbandes der Automobil­industrie (VDA) kamen im Januar 2021 auf eine Ladesäule rund 17 E-Autos. Im Oktober 2021 waren es bereits 21. Wo mehr E-Fahrzeuge durch die Städte fahren, steigt auch der Bedarf an Ladesäulen – Tendenz steigend.

BP plant daher, sein Netz bis zum Jahr 2030 von aktuell 11.000 auf weltweit 70.000 Schnell­ladepunkte auszubauen. Potenzial sieht der Konzern vor allem in zwei Bereichen:

  • Schnell­lade­stationen für Verbraucher und Unter­nehmen
  • Flotten­services im Allgemeinen

Der Ölkonzern hat sich bewusst dazu entschieden, seinen Fokus auf ultraschnelle Ladesäulen zu legen. Dafür holt sich das Unternehmen Unterstützung aus der Automobil­industrie: Kooperationen laufen bereits mit VW sowie der BMW Group und Daimler Mobility AG. Die Partner­schaften sollen einen besseren Zugang zur Lade­infra­struktur in Europa ermöglichen. Dadurch dürfte künftig auch die Akzeptanz von E-Mobilität weiter angekurbelt werden. Schließlich steigt der Anreiz für ein E-Fahrzeug, wenn in der Nähe viele funktionierende Lade­möglichkeiten zur Verfügung stehen.

Konkurrent Shell beteiligt sich ebenfalls an der Mobilitäts­wende: Bis 2025 soll das eigene Ladenetz rund 500.000 Lade­punkte umfassen. Der Mineralöl­konzern konzentriert sich allerdings nicht nur auf Schnell­ladesäulen. Anders als BP sind zudem Stationen mit langsamer Technik geplant – zum Beispiel baut Shell gemeinsam mit seiner Tochter­firma ubitricity gewöhnliche Lade­stationen zu E-Auto-Lade­stationen um. Bei diesem Konzept geht es weniger um ultra­schnelles Laden – Zweck ist vielmehr, Lade­möglichkeiten für Autos zu schaffen, die dort mehrere Stunden bzw. über Nacht parken.

Werden die Strompreise zur Bremse für die Elektromobilität?

Die steigenden Energie­preise machen sich auch an der Lade­säule bemerkbar. So müssen Fahrer eines Elektro­autos hier tiefer in die Tasche greifen: An den Lade­säulen ist der Strom meist um einiges teurer als der Haushalts­strom, insbesondere bei Schnell­lade­stationen. Der Lade­säulen­check 2021 des Öko­strom­anbieters LichtBlick spricht gar von einem „Markt­versagen an der Ladesäule“. Im Schnitt kostet der Strom an der Tank­stelle beim Schnell­laden bis zu 140 Prozent mehr als daheim. Und das macht das Angebot für Verbraucher­innen und Verbraucher alles andere als attraktiv. E-Mobilisten können mit ihrem Stromer dadurch zwar CO2, aber kaum Geld einsparen, wenn sie an öffentlichen Stationen laden. Lade­möglich­keiten bleiben damit weiterhin ein Schwach­punkt in Deutschland.

Tipp

Einige Energieanbieter haben günstige „Autostrom“-Tarife im Angebot, die für private Haushalte und teilweise auch für das Laden unterwegs erhältlich sind.