11.10.2022

Quantencomputer – die Superrechner der Zukunft

Medizin, Logistik, künstliche Intelligenz: Weltweit forschen Physiker*innen und IT-Expert*innen an der Entwicklung von Quantencomputern. Die neuen Superrechner könnten unser Leben revolutionieren.

IBM, Google, Intel, die Europäische Union, die chinesische Regierung, Geheimdienste weltweit – die Liste der Akteure, die in die Entwicklung von Quantencomputern investieren, ist lang. Die deutsche Bundesregierung stellte zuletzt zwei Milliarden Euro Fördergelder für die Erforschung der Quantentechnologie zur Verfügung. Die neuen Superrechner sollen Aufgaben lösen können, an denen bislang selbst Hochleistungscomputer scheitern, etwa die Wechselwirkung von Molekülen zu simulieren, um gänzlich neue Medikamente zu entwickeln. Doch was hat es mit der Quantentechnologie überhaupt auf sich? Wir beantworten die vier wichtigsten Fragen.

Was unterscheidet Quantencomputer von herkömmlichen Rechnern?

Klassische Computer rechnen mit binären Ziffern, genau genommen der 0 und der 1. Die kleinste Einheit ist ein Bit. Der Begriff leitet sich ab aus dem Englischen „binary digit“ – zu Deutsch: Binärziffer. Ein Bit kann immer genau einen von zwei Zuständen einnehmen: 0 (aus) oder 1 (an). Transistoren auf den Computerchips steuern, in etwa wie ein Lichtschalter, die elektrische Spannung, die ein Bit in einen der beiden Zustände versetzt. So können zu logischen Schaltungen kombinierte Bits komplexe Computerfunktionen ausführen. Quantencomputer sollen anstatt mit Bits mit Quantenbits, kurz Qubits oder Qbits, rechnen und so deutlich leistungsfähiger werden. Soweit die Theorie.

Was ist ein Qubit?

Mit Quant wird in der Physik der kleinstmögliche Wert einer physikalischen Größe beschrieben, vergleichbar mit dem Pixel eines digitalen Fotos. In einem Quantencomputer kann das Quant zum Beispiel ein Ion sein, also ein elektrisch geladenes Atom. Angelehnt an Bits wird es als Qubit bezeichnet. Das Besondere: Ein Qubit kann zugleich die Zustände 0 und 1 sowie alle Zustände dazwischen einnehmen. Diese Eigenschaft nennt sich Superposition. Klingt kompliziert? Ist es auch. Denken Sie dabei einfach an eine sich schnell um die eigene Achse drehende Münze. Kopf und Zahl verschwimmen dabei, die Münze befindet sich gleichzeitig in beiden Zuständen. Während klassische Computer alle Rechenschritte nacheinander ausführen, sollen Quantencomputer mithilfe solcher „Überlagerungszustände“ viele Zahlen gleichzeitig verarbeiten können und so Rechenaufgaben sehr viel schneller lösen. Verständlicher wirds erst mal nicht. Auch die Physiker*innen zerbrechen sich schon viele Jahrzehnte den Kopf darüber, wie aus der Theorie Praxis werden kann.

Entscheidend für die Rechenleistung eines Quantencomputers ist die Anzahl der Qubits. Jedes hinzukommende Qubit verdoppelt die Anzahl der gleichzeitig darstellbaren Zustände. Das Potenzial von Quantencomputern liegt also in ihren exponentiell steigenden Möglichkeiten. Ein Beispiel: Mit 300 Qubits hätte man 2 hoch 300 Kombinationsmöglichkeiten – mehr als alle Teilchen im Universum. Eine solche Zahlenmenge könnte ein klassischer Computer unmöglich verarbeiten.

Gibt es in Deutschland bereits funktionierende Quantencomputer?

Als erster industrieller Quantencomputer in Europa ging im Juni 2021 der „Quantum System One“ des Computerherstellers IBM mit 27 Qubits an den Start. Betrieben wird die Maschine von der deutschen Fraunhofer-Gesellschaft. Forscherteams können das kühlschrankgroße System nutzen, um sich mit der Technologie vertraut zu machen und Programmieransätze auszuprobieren – Quantencomputer lassen sich nicht auf die gleiche Weise programmieren wie herkömmliche Rechner.

Wann wird es praxistaugliche Quantencomputer geben?

Neben den Herausforderungen bei der Programmierung stoßen Quantencomputer zurzeit auch noch an physikalische Grenzen: Die Überlagerungszustände in der Quantenwelt sind extrem empfindlich, deshalb müssen sie gegen Erschütterungen, magnetische und elektrische Felder, Temperaturschwankungen und andere äußere Einflüsse abgeschirmt werden. Ein weiteres Problem: Je mehr Qubits zum Einsatz kommen, desto störanfälliger werden die Systeme. Es muss also noch viel geforscht werden. Experten gehen davon aus, dass die ersten praxistauglichen Quantencomputer frühestens in zehn Jahren an den Start gehen könnten.