Öffentliche Ausschreibungen: So nutzen Sie Ihre Chancen

Wie Unternehmen über öffentliche Ausschreibungen vom Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz profitieren können.

Im März 2025 stimm­te der Bun­des­rat einer Grund­ge­setz­än­de­rung zu, die den Weg für ein 500-​Milliarden-​Euro-​Sondervermögen der Bun­des­re­gie­rung frei­macht. Aus dem kre­dit­fi­nan­zier­ten In­ves­ti­ti­ons­pa­ket mit einer Lauf­zeit von 12 Jah­ren sind 300 Mil­li­ar­den Euro für In­ves­ti­ti­o­nen des Bun­des vor­ge­se­hen. 100 Mil­li­ar­den Euro sol­len über den Klima-​ und Trans­for­ma­ti­ons­fonds in zu­sätz­li­che In­ves­ti­ti­o­nen zur Er­rei­chung der Kli­ma­neu­tra­li­tät bis zum Jahr 2045 flie­ßen. Eben­falls 100 Mil­li­ar­den Euro sol­len die Län­der für In­ves­ti­ti­o­nen in ihre In­fra­struk­tur er­hal­ten – ein Groß­teil davon dürf­te an die Kom­mu­nen wei­ter­ge­ge­ben wer­den. Diese kön­nen davon zum Bei­spiel Stra­ßen und Brü­cken re­pa­rie­ren oder Schu­len und Kitas kli­ma­schüt­zend mo­der­ni­sie­ren las­sen. Baden-​Württemberg etwa kün­dig­te an, zwei Drit­tel des dem Bun­des­land zu­ste­hen­den Son­der­ver­mö­gens In­fra­struk­tur an die Kom­mu­nen wei­ter­zu­ge­ben. Das sind 8,77 Mil­li­ar­den Euro.

Bis aus ge­plan­ten öf­fent­li­chen In­ves­ti­ti­ons­vor­ha­ben kon­kre­te Auf­trä­ge wer­den, dürf­te zwar noch ei­ni­ge Zeit ver­ge­hen. Den­noch könn­te es sich für Un­ter­neh­men aller Grö­ßen­ord­nun­gen sowie Frei­be­ruf­ler aus­zah­len, sich früh­zei­tig mit den ent­spre­chen­den Ver­ga­be­ver­fah­ren ver­traut zu ma­chen, um sich bei­zei­ten ein Stück vom In­ves­ti­ti­ons­ku­chen zu si­chern. Zumal der Ko­ali­ti­ons­ver­trag der neuen Bun­des­re­gie­rung eine Be­schleu­ni­gung von Planungs-​, Genehmigungs-​, Beschaffungs-​ und Ver­ga­be­ver­fah­ren vor­sieht. In­ter­es­san­te Auf­trags­chan­cen könn­ten sich zum Bei­spiel für Un­ter­neh­men und Frei­be­ruf­ler aus der Bau­bran­che er­ge­ben.

Was Sie tun kön­nen, um mit Ihrem Un­ter­neh­men an öf­fent­li­chen Aus­schrei­bun­gen teil­zu­neh­men, lesen Sie hier.

Schritt für Schritt zum öffentlichen Auftrag

  1. Passende Ausschreibung finden

    Der Markt für öf­fent­li­che Auf­trä­ge in Deutsch­land ist groß: Laut dem Sta­tis­ti­schen Bun­des­amt wur­den 2023 von Bund, Län­dern und Kom­mu­nen 195.423 Auf­trä­ge mit einem Auf­trags­vo­lu­men von ins­ge­samt 123,5 Mil­li­ar­den Euro ver­ge­ben. Schät­zun­gen zu­fol­ge gibt es in Deutsch­land mehr als 30.000 öf­fent­li­che Be­schaf­fungs­or­ga­ni­sa­ti­o­nen und -​einrichtungen. Eine zen­tra­le na­ti­o­na­le Platt­form für die Ver­ga­be öf­fent­li­cher Auf­trä­ge in Deutsch­land exis­tiert bis­lang nicht. Diese gibt es nur für EU-​weite Aus­schrei­bun­gen; bei die­sen ist eine Ver­öf­fent­li­chung im TED (Ten­ders Elec­tro­nic Daily) Pflicht.

    Wer sich auf die Suche nach Auf­trä­gen von Bund, Län­dern und Kom­mu­nen sowie So­zi­al­ver­si­che­rungs­trä­gern und sons­ti­gen Kör­per­schaf­ten des öf­fent­li­chen Rechts ma­chen will, hat die Qual der Wahl. Denn es ste­hendafür eine Viel­zahl von öf­fent­lich und pri­vat­wirt­schaft­lich be­trie­be­nen Re­cher­che­da­ten­ban­ken zur Ver­fü­gung. Neben der Suche von öf­fent­li­chen Auf­trä­gen bie­ten diese häu­fig zu­sätz­li­che Ser­vices, etwa die Mög­lich­keit, ein Such­pro­fil zu hin­ter­le­gen, um au­to­ma­tisch be­nach­rich­tigt zu wer­den, wenn ein pas­sen­der Auf­trag in die Platt­form neu ein­ge­stellt wird. Häu­fig kön­nen dar­über auch di­rekt die Be­wer­bung um einen Auf­trag und der Ver­trags­ab­schluss elek­tro­nisch durch­ge­führt wer­den.

    Bun­des­wei­te Aus­schrei­bun­gen fin­den sich zum Bei­spiel auf den fol­gen­den Por­ta­len:

    • e-​Vergabe
      Vom Be­schaf­fungs­amt des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums des In­nern be­trie­be­ne Ver­ga­be­platt­form des Bun­des inkl. di­rek­ter Such­mög­lich­keit bei ein­zel­nen Ver­ga­be­stel­len.
    • Ser­vice.Bund.de
      Zen­tra­ler Zu­gang zu den elek­tro­ni­schen Aus­schrei­bun­gen und Stel­len­an­ge­bo­ten der Bundes-​, Landes-​ und Kom­mu­nal­ver­wal­tung und zu den Be­hör­den und In­sti­tu­ti­o­nen der Bun­des­ver­wal­tung.
    • Deut­sches Aus­schrei­bungs­blatt
      Online-​Medium zur bun­des­wei­ten Be­kannt­ma­chung von Hoch-​bau-​, Tiefbau-​, Liefer-​ und Dienst­leis­tungs­aus­schrei­bun­gen. Mit einem kos­ten­pflich­ti­gen Abon­ne­ment kann nach Re­gi­o­nen, Aus­schrei­bungs­ar­ten, Bran­chen und Leis­tungs­ar­ten ge­fil­tert wer­den.
    • Deutsche Ver­ga­be­por­tal (DTVP)
      Die von einem Ge­mein­schafts­un­ter­neh­men der Bun­des­an­zei­ger Ver­lag GmbH und der co­sinex GmbH be­trie­be­ne Platt­form ver­zeich­net ei­ge­nen An­ga­ben zu­fol­ge mehr als 30.000 deutsch­land­wei­te Be­kannt­ma­chun­gen öf­fent­li­cher Auf­trä­ge aus allen Bran­chen.

    Einen um­fang­rei­chen Über­blick über re­gi­o­na­le, na­ti­o­na­le und EU-​weite Re­cher­che­da­ten­ban­ken fin­den Sie auf der Web­site der IHK Rhein-​Neckar.

  2. Eignungskriterien prüfen

    Wenn Sie eine grund­sätz­lich pas­sen­de Aus­schrei­bung ge­fun­den haben, soll­ten Sie genau prü­fen, ob Ihr Un­ter­neh­men den Auf­trag tat­säch­lich aus­füh­ren könn­te. Schau­en Sie sich dafür die Be­kannt­ma­chung und die Ver­ga­be­un­ter­la­gen genau an:

    • Gibt es Min­dest­an­for­de­run­gen, etwa was die An­zahl Ihrer Mit­ar­bei­ten­den oder den Um­satz an­geht?
    • Wie lau­tet die Leis­tungs­be­schrei­bung? Ent­spricht diese Ihrem An­ge­bots­pro­fil?
    • Wel­che Fris­ten sind an­ge­ge­ben? Haben Sie die fi­nan­zi­el­len und per­so­nel­len Res­sour­cen, um ein ent­spre­chen­des An­ge­bot in­ner­halb der Ab­ga­be­frist zu er­stel­len?
    • Wel­che Zu­schlags­kri­te­ri­en sind ge­nannt? Gibt es neben dem Preis zum Bei­spiel auch öko­lo­gi­sche und/oder so­zi­a­le Aspek­te, die be­rück­sich­tigt wer­den müs­sen?
    • Sind be­stimm­te Eig­nungs­nach­wei­se oder Re­fe­ren­zen ge­for­dert?

    Vor allem bei den ge­for­der­ten Nach­wei­sen ist es wich­tig, zeit­nah zu che­cken, ob sie be­reits voll­stän­dig vor­lie­gen und wo Sie bei Be­darf noch aktiv wer­den müs­sen.

  3. Angebot vorbereiten

    Ist Ihre Ent­schei­dung ge­fal­len, an einer öf­fent­li­chen Aus­schrei­bung teil­zu­neh­men, geht es an die An­ge­bots­vor­be­rei­tung. Wich­tig ist, dass Sie alle ge­for­der­ten Punk­te in Ihrem An­ge­bot be­rück­sich­ti­gen: Ihre Leis­tungs­be­schrei­bung muss genau mit den An­for­de­run­gen in den Ver­ga­be­un­ter­la­gen über­ein­stim­men. Ver­mei­den Sie un­be­dingt kos­ten­re­le­van­te Pos­ten im An­ge­bot, wenn sie keine Be­wer­tungs­punk­te brin­gen. Ach­ten Sie bei Ihrer Preis­ma­trix au­ßer­dem dar­auf, sie exakt nach den Vor­ga­ben in den Ver­ga­be­un­ter­la­gen auf­zu­schlüs­seln. Das ist wich­tig, damit der Auf­trag­ge­ber die Prei­se ver­glei­chen kann. Hal­ten Sie alle For­ma­li­tä­ten genau ein und neh­men Sie keine Än­de­run­gen bzw. Er­gän­zun­gen an den Ver­ga­be­un­ter­la­gen vor. Ein Bei­spiel: Das Ein­rei­chen von Ne­ben­an­ge­bo­ten ist in der Regel un­zu­läs­sig.

    Gibt es Un­klar­hei­ten? Dann nut­zen Sie die Mög­lich­keit, Bie­t­er­fra­gen zu stel­len. Öf­fent­li­che Auf­trag­ge­ber sind ver­pflich­tet, ent­spre­chen­de Aus­künf­te zu er­tei­len und sie allen Be­wer­bern zu­gäng­lich zu ma­chen. Es ist also sinn­voll, nach Ihrer Re­gis­trie­rung Bie­t­er­fra­gen und deren Be­ant­wor­tung im Auge zu be­hal­ten.

  4. Angebot genau prüfen

    Ihr An­ge­bot ist fer­tig? Dann neh­men Sie sich jetzt noch ein­mal die Zeit, alle Punk­te Schritt für Schritt sorg­fäl­tig zu prü­fen. Sind alle ge­for­der­ten Nach­wei­se da? Haben Sie die ge­for­der­ten Form­blät­ter kor­rekt und voll­stän­dig aus­ge­füllt? Lie­gen die be­nö­tig­ten Un­ter­schrif­ten (Stich­wort Rechts­ver­bind­lich­keit) vor?

    Las­sen Sie das An­ge­bot auch von Mit­ar­bei­ten­den lesen, die bei der Er­stel­lung nicht di­rekt be­tei­ligt waren. So er­mit­teln Sie am bes­ten, ob Ihr An­ge­bot klar struk­tu­riert ist und ob­jek­tiv be­wer­tet wer­den kann.

    Tipp: Laden Sie Ihr An­ge­bot im Por­tal der Ver­ga­be­stel­le am bes­ten ein bis zwei Tage vor der Ab­ga­be­frist hoch. Falls es tech­ni­sche Pro­ble­me geben soll­te, haben Sie dann noch etwas Zeit, um re­agie­ren zu kön­nen.

  5. Nachbereitung nicht vergessen

    Er­hal­ten Sie den Zu­schlag nicht, nut­zen Sie die Ge­le­gen­heit, aus den Er­fah­run­gen zu ler­nen. Sie kön­nen bei der Ver­ga­be­stel­le zum einen er­fra­gen, wel­che Grün­de zur Ab­leh­nung Ihres An­ge­bots ge­führt haben. Zum an­de­ren haben Sie das Recht, zu er­fah­ren, wel­cher Ihrer Mit­be­wer­ber den Zu­schlag er­hal­ten hat und wel­che Merk­ma­le aus­schlag­ge­bend waren. Hier­für reicht ein form­lo­ser An­trag. Mit­un­ter emp­fiehlt sich dann eine ge­naue Ana­ly­se. Wel­che Kri­te­ri­en er­füllt die Kon­kur­renz bes­ser? Diese Er­kennt­nis­se kön­nen Sie nut­zen, um sie bei der nächs­ten Aus­schrei­bung be­rück­sich­ti­gen zu kön­nen.

Mit Präqualifizierung Aufwand reduzieren

Pla­nen Sie, re­gel­mä­ßig an öf­fent­li­chen Aus­schrei­bun­gen teil­zu­neh­men, kann eine so­ge­nann­te Prä­qua­li­fi­zie­rung sinn­voll sein. Mit ihr wei­sen Sie auf­trags­un­ab­hän­gig Ihre Eig­nung und Leis­tungs­fä­hig­keit nach. Das hat den Vor­teil, dass Sie nicht bei jeder Aus­schrei­bung er­neut Ein­zel­nach­wei­se ein­rei­chen müs­sen. Die Prä­qua­li­fi­zie­rung er­folgt über die zu­stän­di­gen Prä­qua­li­fi­zie­rungs­stel­len. Für Un­ter­neh­men im Be­reich der Bau­leis­tun­gen bie­tet der Ver­ein für die Prä­qua­li­fi­ka­ti­on von Bau­un­ter­neh­men e.­V. einen Über­blick über zu­ge­las­se­ne Prä­qua­li­fi­ka­ti­ons­stel­len. Im Be­reich der Liefer-​ und Dienst­leis­tun­gen sind die Industrie-​ und Han­dels­kam­mern und die von ihnen be­auf­trag­ten Auf­trags­be­ra­tungs­stel­len als Prä­qua­li­fi­zie­rungs­stel­len zu­stän­dig.

Stand: Dezember 2025; alle Angaben ohne Gewähr.
Bildnachweis: Adobe Stock / Serhii

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