Immobilienkauf im Hamburger Speckgürtel: Pendelkosten berücksichtigen!

Presseinformation vom 05.06.2018
In Hamburg haben die Quadratmeterpreise für Wohneigentum stark angezogen, 4.212 Euro kostete der Quadratmeter durchschnittlich im vergangenen Jahr. Das Umland bietet günstigere Alternativen und viele Kaufinteressierte ziehen deshalb das Pendeln in Erwägung.

In Hamburg haben die Quadratmeterpreise für Wohneigentum stark angezogen, 4.212 Euro kostete der Quadratmeter durchschnittlich im vergangenen Jahr. Das Umland bietet günstigere Alternativen und viele Kaufinteressierte ziehen deshalb das Pendeln in Erwägung. Nicht vergessen werden sollte dabei allerdings, dass längere Arbeitswege auch Kosten verursachen, die ein ganzes Berufsleben lang anfallen und sich summieren. Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat für die Postbank eine Modellrechnung entwickelt, mit der sich diese jährlichen Kosten erstmals beziffern lassen. Der Postbank Wohnatlas 2018 zeigt, nach wie vielen Jahren der Kostenvorteil des günstigeren Immobilienerwerbs im Umland gegenüber der Stadt durch Fahrtkosten und -zeit aufgezehrt ist.

Verglichen wird jeweils der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung in Hamburg und in den Umlandkreisen. Um die Pendelzeiten zu ermitteln, wurden als Startpunkte die bevölkerungsreichste Stadt des betreffenden Kreises und der Verwaltungssitz untersucht. In Ahrensburg (Landkreis Stormarn) ist der Kaufpreisvorteil bei täglicher Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für den Arbeitsweg zum Beispiel erst nach 30,3 Jahren aufgebraucht, bei täglicher Fahrt mit dem Auto reduziert sich diese Zeitspanne auf 11,4 Jahre. Blickt man auf den Verwaltungssitz des Kreises in Bad Oldesloe, zeigen sich weit längere Pendelstrecken. Dementsprechend ist der Kaufpreisvorteil bereits nach 16,7 Jahren dahin. Wer die Strecke täglich mit dem Auto bewältigt, hat die Preisdifferenz bereits nach 7,7 Jahren verfahren.

Bus- und Bahnfahren fast überall günstiger

Neben Ahrensburg erweisen sich Seevetal im Landkreis Harburg und Pinneberg als die einzigen Städte, in denen der Immobilienkauf auch nach mehr als 30 Jahren Pendeln günstiger bleibt als in Hamburg – wenn man mit Bus oder Bahn fährt. In Winsen (Luhe) im Kreis Harburg ist der Kaufpreisvorteil nach 25,3 Jahren aufgezehrt, in Elmshorn (Landkreis Pinneberg) bereits nach 22,2 Jahren. Bei Nutzung des PKW liegen die Zeitspannen überall deutlich darunter – und zwar zwischen 15,3 Jahren (Seevetal) und 7,4 Jahren (Bad Segeberg).

Im Landkreis Stade kommen Käufer 13,3 Jahre lang günstiger weg, wenn sie täglich „öffentlich“ nach Hamburg pendeln. Autofahrer haben sogar nur 8,3 Jahre lang Geld gespart. Geesthacht im Herzogtum Lauenburg zeigt als einzige der untersuchten Städte Kostenvorteile für Auto-Pendler. Aber nach 15 Jahren haben auch Autofahrer das Geld, das sie für den Immobilienkauf in der Metropole hätten drauflegen müssen, vollständig ins Pendeln investiert.

Zeitspanne in Jahren, in der der Umzug in die bevölkerungsreichste Stadt der Umlandlandkreise bzw. in den Verwaltungssitz günstiger ist

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Was kostet Pendeln wirklich?

Ausgangspunkt für die Modellrechnung ist der durchschnittliche Kaufpreis für eine 70 Quadratmeter große Wohnimmobilie zuzüglich Notargebühren (1% vom Kaufpreis) und Grunderwerbssteuer in der Metropole und im Umlandkreis. Zur Berechnung der Pendelkosten wird angenommen, dass eine Person des Haushalts in der Metropole arbeitet und 220 Mal im Jahr dorthin pendelt. Da auch für Stadtbewohner ein Arbeitsweg zu bewältigen ist, wird zugrunde gelegt, dass die Fahrtzeit in der City identisch ist mit der des Pendlers von seiner Haustür zum Bahnhof der größten Stadt seines Landkreises bzw. des Verwaltungssitzes und vom Hamburger Hauptbahnhof zum Büro. Zusätzliche Zeiten entstehen also für Pendler nur vom Umland-Bahnhof zum Hamburger Hauptbahnhof. Analysiert wurden sowohl die Dauer der Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) als auch mit dem Auto.

In einem zweiten Schritt werden die Pendelkosten berechnet: Einerseits werden die Kosten für das Ticket für Bus und Bahn beziehungsweise für das Auto (inkl. Benzin, Anschaffung, laufende Kosten) herangezogen. Andererseits wird der zusätzliche Zeitaufwand für den Umlandbewohner mit dem durchschnittlichen Bruttostundenlohn in der Metropole im Jahr 2017 (30,91 Euro je Stunde) veranschlagt. Diese sogenannten Zeitkosten sind bedeutender als die direkten Kosten für Fahrkarten oder das Auto.

Individuelle Abwägung

Die Frage der Pendelkosten muss jeweils im Einzelfall betrachtet werden. Denn das Ergebnis hängt davon ab, wo exakt im Umlandkreis das Eigenheim steht, wie die Anbindung in die Metropole ist und wo genau die Arbeitsstelle dort liegt. Entscheidend ist auch, ob in einem Haushalt ein oder zwei Arbeitnehmer pendeln, ob Home-Office-Regelungen die Zahl der Pendeltage verringern und wie die berufliche Planung generell aussieht. Bleibt es bei dem Arbeitsverhältnis in der Metropole oder sind berufliche Veränderungen oder der Renteneintritt absehbar? Familien sollten berücksichtigen, dass Kinder in der Kita möglicherweise länger betreut werden müssen, während Vater oder Mutter noch in der S-Bahn unterwegs sind oder im Stau stehen. Auch das kostet Geld. „Von den günstigeren Preisen, die im Umland locken, sollten sich Kaufinteressierte nicht blenden lassen. Die Berechnungen des HWWI geben einen Eindruck, welche wichtige Rolle die Pendelkosten spielen können“, sagt Michael Binder, Direktor Immobilienvertrieb der Postbank Finanzberatung in Hamburg.

Realistische Finanzplanung

Ob Benzin, Monatskarten, Unterhalt für ein weiteres Auto, lange Fahrtzeiten oder zusätzliche Kinderbetreuungskosten – alle Ausgaben, die das Leben im Umland erfordert, sollten möglichst realistisch eingeschätzt werden. Denn andernfalls könnten sich Kaufinteressierte von den günstigeren Quadratmeterpreisen leicht zu einer größeren Immobilie im Umland verführen lassen. Beim Immobilienkauf würde dann gegenüber dem Erwerb in der Metropole selbst womöglich kaum gespart – und die Pendelkosten kämen noch oben drauf. „Käufer sollten versuchen, alle möglichen Kosten einzubeziehen und so realistisch wie möglich zu veranschlagen. Eine genaue Kalkulation aller Kosten ist Teil einer soliden Finanzierung“, so Michael Binder. Einbezogen werden muss dabei aber auch, dass ein kostspieligeres Immobilieninvestment in der Großstadt in vielen Fällen höhere Schulden bedeutet – und dafür mehr Zinsen fällig werden. „Um die beste Lösung zu finden, ist eine individuelle Analyse der finanziellen Lage unabdingbar“, rät Binder. „Einmal mehr zeigt unser Wohnatlas: Die Traum-Immobilie muss zur persönlichen Lebensplanung passen.“

Übersicht: Immobilienpreise für Hamburg und das Umland

Stadt / Landkreis Quadratmeterpreis 2017 Kaufpreisanstieg in Prozent (inflationsbereinigt) gegenüber Vorjahr
Hamburg 4.211,61 6,6
Harburg 2.148,20 6,8
Stormarn 2.456,53 7,0
Pinneberg 2.095,65 4,9
Segeberg 2.068,30 7,5
Herzogtum Lauenburg 1.795,68 -2,2
Stade 1.749,38 -0,3

Quellen: Empirica (2018): empirica-systeme Marktdatenbank; Statistisches Bundesamt (2018): www.destatis.de; Berechnungen HWWI

Hintergrundinformationen zum Postbank Wohnatlas 2018

Der Postbank Wohnatlas 2018 ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Für die vorliegende Analyse wurden unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), die Pendelkosten für Bewohner der Umlandkreise der sieben größten deutschen Städte untersucht. Im Fokus dieser Auswertung steht Hamburg.

Annahmen und Berechnungen der Pendelkosten

1. In der Gemeinde des Landkreises wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmeter zum Durchschnittspreis des Landkreises im Jahre 2017 erworben. Alternativ wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmeter in der Metropole zum Durchschnittpreis der Metropole im Jahre 2017 gekauft.
2. Der berechnete Kaufpreis wird um Notargebühren von 1 Prozent sowie der derzeit im Bundesland geltenden Grunderwerbsteuer erhöht.
3. Einsparungen beim Kauf einer Eigentumswohnung im Umland im Vergleich zu einem Kauf in der Metropole werden um notwendige Mobilitätskosten (direkte Mobilitätskosten und bewerteter Zeitaufwand für das Pendeln), die durch den Umzug in das Umland entstehen, reduziert.
4. Zusätzliche Mobilitätszeiten für Bewohner des Umlandes gegenüber den Bewohnern der Metropole entstehen für den Weg vom Bahnhof der Umlandgemeinde zum Hauptbahnhof der Metropole. Alle Pendler nehmen den Weg von Bahnhof zu Bahnhof.
5. Als Pendelzeit für den einfachen Weg wird die kürzeste Reisezeit angesetzt, die mit dem jeweiligen Verkehrsmittel am Dienstagmorgen zwischen 07.00 Uhr und 08.00 Uhr im Februar 2018 erzielt werden konnte.
6. Die Mobilitätszeiten für Hin- und Rückweg sind identisch.
7. Die Mobilitätskosten pro einfachem Entfernungskilometer liegen nach Abzug der Steuervergünstigungen bei 0,35 Euro für den PKW und bei 0,08 Euro für den ÖPNV.
8. Der Zeitaufwand für das Pendeln wird mit dem durchschnittlichen Bruttolohn bewertet, der im Jahre 2017 in der Metropole erzielt wurde.

Kontakt

Ralf Palm
Pressesprecher