Immobilienkauf im Frankfurter Umland: Pendelkosten berücksichtigen

Presseinformation vom 16.07.2018
In Frankfurt haben die Quadratmeterpreise für Wohneigentum stark angezogen: 4.501 Euro kostete der Quadratmeter durchschnittlich im vergangenen Jahr. Im Umland liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis mindestens 1.400 Euro darunter. Viele Kaufinteressierte ziehen deshalb das Pendeln in Erwägung.

In Frankfurt haben die Quadratmeterpreise für Wohneigentum stark angezogen: 4.501 Euro kostete der Quadratmeter durchschnittlich im vergangenen Jahr. Im Umland liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis mindestens 1.400 Euro darunter. Viele Kaufinteressierte ziehen deshalb das Pendeln in Erwägung. Nicht vergessen werden sollte dabei allerdings, dass längere Arbeitswege auch Kosten verursachen, die ein ganzes Berufsleben lang anfallen und sich summieren. Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat für die Postbank eine Modellrechnung entwickelt, mit der sich diese Kosten erstmals beziffern lassen. Der Postbank Wohnatlas 2018 zeigt, wann Fahrtkosten und -zeit den Kostenvorteil des günstigeren Immobilienkaufs im Umland aufgezehrt haben.

Verglichen wird jeweils der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung in der Main-Metropole und in den Umlandkreisen. Um die Pendelzeiten zu ermitteln, wurden als Startpunkte die bevölkerungsreichste Stadt des betreffenden Kreises und der Verwaltungssitz untersucht. Die günstigsten Ergebnisse ergab die Analyse für die Nachbarstadt Offenbach: Dort hat der Kaufpreisvorteil bei täglicher Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für den Arbeitsweg 47,7 Jahre Bestand, bei täglicher Fahrt mit dem Auto reduziert sich diese Zeitspanne auf 22,9 Jahre. Blickt man auf Bad Vilbel im Landkreis Wetterau, zeigen sich etwas längere Pendelstrecken. Dementsprechend ist der Kaufpreisvorteil nach 37 Jahren dahin. Wer die Strecke täglich mit dem Auto bewältigt, hat die Preisdifferenz schon nach 22,6 Jahren verfahren.

Auf Zeitspannen von mehr als 30 Jahren, in denen der Kaufpreisvorteil trotz Pendelns bestehen bleibt, kommen nur Offenbach und Bad Vilbel. Aber auch Rüsselsheim am Main, Hanau, Hofheim am Taunus und Friedberg erweisen sich als Städte, in denen der Immobilienkauf auch nach mehr als 20 Jahren Pendeln günstiger bleibt als in Frankfurt selbst. Was eine schnelle Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln ausmacht, zeigt sich in Hanau. Zwar liegt die Stadt 35 Kilometer weit vom Frankfurter Hauptbahnhof entfernt, die Fahrt dauert aber nur 27 Minuten.

Was kostet Pendeln wirklich?

Ausgangspunkt für die Modellrechnung ist der durchschnittliche Kaufpreis für eine 70 Quadratmeter große Wohnimmobilie zuzüglich Notargebühren (1 Prozent vom Kaufpreis) und Grunderwerbssteuer in der Metropole sowie in den Umlandkreisen. Zur Berechnung der Pendelkosten wird angenommen, dass eine Person des Haushalts in Frankfurt arbeitet und 220 Mal im Jahr dorthin pendelt. Da auch für Metropolbewohner ein Arbeitsweg innerhalb der Frankfurter Stadtgrenzen zu bewältigen ist, werden die Fahrtzeiten des Pendlers von seinem Wohnsitz bis zum Umland-Bahnhof und auch die Fahrtzeit vom Frankfurter Hauptbahnhof zur Arbeitsstelle in die Modellrechnung nicht mit einberechnet. Es wird angenommen, dass die jeweiligen Fahrtzeiten sich ungefähr ausgleichen. Analysiert wurden sowohl die Dauer der Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) als auch mit dem Auto.

In einem zweiten Schritt wurden die Pendelkosten berechnet: Einerseits zogen die HWWI-Experten die Kosten für die Fahrkarte für Bus und Bahn beziehungsweise für das Auto (inklusive Benzin, Anschaffung, laufende Kosten) heran. Andererseits wurde der zusätzliche Zeitaufwand für den Umlandbewohner mit dem durchschnittlichen Bruttostundenlohn in der Metropole im Jahr 2017 (33,69 Euro je Stunde) veranschlagt. Diese sogenannten Zeitkosten sind bedeutender als die direkten Kosten für Fahrkarten oder das Auto.

> Tabelle 1: Zeitspanne in Jahren, in der der Umzug in die bevölkerungsreichste Stadt der Umlandlandkreise bzw. in den Verwaltungssitz günstiger ist (PDF, 99KB)

Wer die Pendelzeiten kurz halten möchte, ist auch im Taunus gut aufgehoben. Von Hofheim oder Bad Homburg aus benötigen Pendler mit der Bahn nur 18 beziehungsweise 21 Minuten zum Bahnhof Frankfurt. Allerdings ist der Preisvorteil geringer, da die durchschnittlichen Quadratmeterpreise in diesen begehrten Kreisen die höchsten im Umland sind. Im Main-Taunus-Kreis zahlten Käufer im vergangenen Jahr im Schnitt knapp unter 3.000 Euro je Quadratmeter. Damit bleibt der Preisvorteil gegenüber Frankfurt für Pendler 23 Jahre lang bestehen. Der Hochtaunuskreis ist das teuerste Pflaster in Frankfurts Speckgürtel. Trotz guter Anbindung kommen Käufer dort nur 18,2 Jahre günstiger weg als in der Bankenmetropole selbst.

Bus- und Bahnfahren fast überall günstiger

Bei Nutzung des Pkw sind die Zeitspannen überall deutlich kürzer – sie liegen zwischen 8,9 Jahren (Gelnhausen) und 22,9 Jahren (Stadt Offenbach). Keine der untersuchten Städte zeigt Kostenvorteile für Auto-Pendler im Vergleich zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Die Vorteile für Bus- und Bahnfahrer sind in der Stadt Offenbach mit einem Plus von 24,8 Jahren besonders groß. In Rodgau und Bad Homburg bestehen die Vorteile für die Nutzer der „Öffentlichen“ dagegen nur rund drei Jahre länger als für die Auto-Fraktion.

Individuelle Abwägung

„Unsere Modellrechnung kann lediglich Anhaltspunkte liefern und Denkanstöße geben“, sagt Volker Schrödel, Direktor des Filialgebietes Frankfurt bei der Postbank Immobilien GmbH. Die Frage der Pendelkosten muss jeweils im Einzelfall betrachtet werden. Denn das Ergebnis hängt natürlich davon ab, wo exakt im Umlandkreis das Eigenheim steht, wie die Anbindung an die Metropole von dort aus ist und wo genau die Arbeitsstelle liegt. Entscheidend ist auch, ob in einem Haushalt ein oder zwei Arbeitnehmer pendeln, ob Home-Office-Regelungen die Zahl der Pendeltage verringern und wie die Karriereplanung generell aussieht. Bleibt es bei dem Arbeitsverhältnis in der Metropole oder sind berufliche Veränderungen oder der Renteneintritt absehbar? Familien sollten berücksichtigen, dass Kinder in der Kita möglicherweise länger betreut werden müssen, während Vater oder Mutter noch in der Bahn unterwegs sind oder im Stau stehen. Auch das kostet Geld. Großen Einfluss auf die Beurteilung hat es außerdem, wenn Wohnungspreis und Bruttolohn stark vom regionalen Durchschnitt abweichen.

„Trotz dieser Einschränkungen liefert die Analyse wichtige Hinweise darauf, in welchen Städten und Landkreisen des Frankfurter Umlandes eine Investition lohnen könnte“, sagt Volker Schrödel. „Unsere Berechnung zeigt, dass der Wohnungskauf in einigen Nachbarkreisen Frankfurts auch für Pendler besonders attraktiv sein kann. Denn das Umland ist zum Teil sehr gut angebunden, die Pendelzeiten bleiben im Rahmen. In Bad Vilbel und in der Stadt Offenbach werden in unserer Modellrechnung sogar Zeiträume von 37 und sogar 47 Jahren erreicht, in denen der Kostenvorteil Bestand hat.“

Realistische Finanzplanung

Ob Benzin, Monatskarten, Unterhalt für ein weiteres Auto, lange Fahrtzeiten oder zusätzliche Kinderbetreuungskosten – alle Ausgaben, die das Leben im Umland erfordert, sollten möglichst realistisch eingeschätzt werden. Denn andernfalls könnten sich Kaufinteressierte von den günstigeren Quadratmeterpreisen leicht zum Erwerb einer größeren Immobilie im Umland verführen lassen. Letztlich würde aber dann im Vergleich zum Kauf in der Metropole selbst womöglich kaum gespart – und die Pendelkosten kämen noch oben drauf.

Bedacht werden sollte auch, dass ein kostspieligeres Immobilieninvestment in der Großstadt in vielen Fällen höhere Schulden bedeutet – und dafür höhere Tilgungsleistungen und Zinszahlungen fällig werden. „Eine individuelle Analyse der Finanzlage ist unabdingbar. Wer unsicher ist, sollte einen Experten zu Rate ziehen“, erklärt Schrödel. „Die Traumimmobilie muss zur persönlichen Lebensplanung passen. Das zeigt unser Wohnatlas ganz deutlich.“

> Tabelle 2: Übersicht: Immobilienpreise für Frankfurt am Main und das Umland (PDF, 73KB)

Hintergrundinformationen zum Postbank Wohnatlas 2018

Der Postbank Wohnatlas 2018 ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Für die vorliegende Analyse wurden unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), die Pendelkosten für Bewohner der Umlandkreise der sieben größten deutschen Städte untersucht. Im Fokus dieser Auswertung steht Frankfurt.

Annahmen und Berechnungen der Pendelkosten

1. In der Gemeinde des Landkreises wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmetern zum Durchschnittspreis des Landkreises im Jahre 2017 erworben. Alternativ wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmetern in Frankfurt zum Durchschnittpreis der Metropole im Jahre 2017 gekauft.
2. Der berechnete Kaufpreis wird um Notargebühren von 1 Prozent und der derzeit im Bundesland geltenden Grunderwerbsteuer erhöht.
3. Einsparungen beim Kauf einer Eigentumswohnung im Umland im Vergleich zu einem Kauf in der Metropole werden um notwendige Mobilitätskosten (direkte Kosten und bewerteter Zeitaufwand für das Pendeln), die durch den Umzug in das Umland entstehen, reduziert.
4. Zusätzliche Mobilitätszeiten für Bewohner des Umlandes gegenüber den Bewohnern der Metropole entstehen für den Weg vom Bahnhof der Umlandgemeinde zum Frankfurter Hauptbahnhof. Alle Pendler nehmen den Weg von Bahnhof zu Bahnhof.
5. Als Pendelzeit für den einfachen Weg wird die kürzeste Reisezeit angesetzt, die mit dem jeweiligen Verkehrsmittel am Dienstagmorgen zwischen 07.00 Uhr und 08.00 Uhr im Februar 2018 erzielt werden konnte.
6. Die Mobilitätszeiten für Hin- und Rückweg sind identisch.
7. Die Mobilitätskosten pro einfachem Entfernungskilometer liegen nach Abzug der Steuervergünstigungen bei 0,35 Euro für den PKW und bei 0,08 Euro für den ÖPNV.
8. Der Zeitaufwand für das Pendeln wird mit dem durchschnittlichen Bruttolohn bewertet, der im Jahre 2017 in der Metropole erzielt wurde.

Kontakt

Ralf Palm
Pressesprecher