Niedersachsen planen mit Weiterarbeit in der Rente – private Vorsorge bleibt ausbaufähig

Medieninformation vom 17.07.2025
Fast sechs von zehn Erwerbstätigen in Niedersachsen wollen über das Rentenalter hinaus arbeiten • Mehrheit bezweifelt, dass die gesetzliche Rente zum Leben reicht • Mehr als jeder zweite verfügt über eine private Altersvorsorge

Dr. Ulrich Stephan, Chefanlagestratege der Postbank
Foto: Postbank / © Tim Wegner

Vie­le Er­werbs­tä­ti­ge in Nie­der­sach­sen ma­chen sich kei­ne Il­lu­sio­nen, wenn es um ih­re fi­nan­zi­el­le Ab­si­che­rung im Al­ter geht: Laut ei­ner ak­tu­el­len You­Gov-Um­fra­ge im Auf­trag der Post­bank glau­ben 77 Pro­zent nicht, dass die ge­setz­li­che Ren­te al­lein aus­rei­chen wird, um ih­ren ge­wohn­ten Le­bens­stan­dard zu si­chern. Das sind et­was mehr als im deutsch­land­wei­ten Mit­tel (73 Pro­zent). Ein rea­lis­ti­scher Blick – denn selbst nach 45 Bei­trags­jah­ren mit ei­nem Durch­schnitts­ver­dienst liegt die ge­setz­li­che Ren­te ak­tu­ell bei nur 48 Pro­zent des durch­schnitt­li­chen Ein­kom­mens.

Um­so schwe­rer wiegt, dass im­mer noch zu we­nig Men­schen pri­vat vor­sor­gen. Nur 57 Pro­zent der Be­schäf­tig­ten in Nie­der­sach­sen ver­fü­gen über ei­ne pri­va­te Al­ters­vor­sor­ge – in der Ge­samt­be­völ­ke­rung sind es mit 58 Pro­zent ge­ring­fü­gig mehr. Trotz des weit ver­brei­te­ten Be­wusst­seins für die ent­ste­hen­de Lü­cke ge­lingt es vie­len nicht, ent­spre­chend vor­zu­sor­gen – sei es aus fi­nan­zi­el­len Grün­den, man­geln­dem Wis­sen oder aus Un­si­cher­heit bei An­la­ge­ent­schei­dun­gen. „Vie­le Men­schen wis­sen zwar, dass sie vor­sor­gen soll­ten, füh­len sich aber über­for­der­t“, er­klärt Dr. Ul­rich Ste­phan, Chef­an­la­ge­stra­te­ge der Post­bank. „Der Staat soll­te steu­er­li­che An­rei­ze schaf­fen, die pri­va­te Al­ters­vor­sor­ge ver­ein­fa­chen und Hür­den ab­bau­en. Ei­ne Re­du­zie­rung der Steu­er- und Ab­ga­ben­last wä­re eben­falls ein sinn­vol­ler He­bel, um mehr Men­schen fi­nan­zi­el­len Spiel­raum zum Vor­sor­gen zu ge­ben.“

Die fi­nan­zi­el­len Mit­tel für pri­va­te Vor­sor­ge mö­gen be­grenzt sein, da­für zei­gen vie­le Men­schen in Nie­der­sach­sen ei­ne er­höh­te Be­reit­schaft, selbst Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men und den Über­gang in den Ru­he­stand fle­xi­bel zu ge­stal­ten: 57 Pro­zent der Er­werbs­tä­ti­gen kön­nen sich vor­stel­len, auch nach dem ge­setz­li­chen Ren­ten­al­ter wei­ter­zu­ar­bei­ten, der Bun­des­durch­schnitt liegt mit 54 Pro­zent et­was nied­ri­ger. Auch oh­ne hö­he­re Be­zah­lung – 37 Pro­zent wür­den zu ih­rer bis­he­ri­gen Ver­gü­tung im Be­ruf blei­ben, in der Ge­samt­be­völ­ke­rung liegt der An­teil bei nur 27 Pro­zent. Le­dig­lich 12 Pro­zent der Er­werbs­tä­ti­gen in Nie­der­sach­sen for­dern ex­pli­zit mehr Geld, im bun­des­wei­ten Ver­gleich sind es hin­ge­gen 20 Pro­zent.

Re­form­vor­schlä­ge zur Stär­kung und so­zia­len Aus­ge­stal­tung der Al­ters­vor­sor­ge fin­den in Nie­der­sach­sen brei­te Zu­stim­mung. Ein auf­fal­lend ho­her An­teil der Be­frag­ten (85 Pro­zent) be­für­wor­tet, dass der El­tern­teil, der den Gro­ß­teil der Kin­der­er­zie­hung über­nom­men hat, ei­nen Zu­schlag bei der ge­setz­li­chen Ren­te er­hal­ten soll­te, der Durch­schnitt liegt bei 78 Pro­zent.

Grafik: Postbank / © sqback

Bun­des­trend: Vor­sor­ge ist ei­ne Fra­ge des Geld­beu­tels

Auch bun­des­weit zeigt sich: Die Mehr­heit der Er­werbs­tä­ti­gen (73 Pro­zent) ver­traut nicht dar­auf, dass die ge­setz­li­che Ren­te al­lein im Al­ter aus­reicht. Da­bei hängt die­se Ein­schät­zung stark vom Ein­kom­men der Be­frag­ten ab: Wäh­rend knapp 28 Pro­zent mit ei­nem mo­nat­li­chen Haus­halts­net­to­ein­kom­men von 2.500 Eu­ro und mehr glau­ben, dass ih­re Ren­te rei­chen wird, sind es un­ter­halb die­ser Schwel­le nur rund 13 Pro­zent. Glei­ches gilt für die pri­va­te Vor­sor­ge: Knapp 66 Pro­zent der hö­he­ren Ein­kom­mens­grup­pen ge­ben an, Rück­la­gen fürs Al­ter zu bil­den. Bei Ein­kom­men un­ter 2.500 Eu­ro sind es le­dig­lich 43 Pro­zent.

Re­form­vor­schlä­ge zur Al­ters­vor­sor­ge sto­ßen laut Post­bank Um­fra­ge auf brei­te Un­ter­stüt­zung in der Ge­samt­be­völ­ke­rung: Ei­ne kla­re Mehr­heit (86 Pro­zent) spricht sich für ei­nen fai­ren Zu­gang zur be­trieb­li­chen Al­ters­vor­sor­ge für klei­ne­re Un­ter­neh­men und Ge­ring­ver­die­nen­de aus. 78 Pro­zent stim­men für ei­ne bes­se­re An­er­ken­nung von Er­zie­hungs­zei­ten. Auch die Ab­schaf­fung der Ries­ter-Ren­te und die Ein­füh­rung ei­nes neu­en, ef­fi­zi­en­te­ren Vor­sor­ge­mo­dells fin­den brei­te Zu­stim­mung (73 Pro­zent). Und knapp 70 Pro­zent be­für­wor­tet die staat­li­che För­de­rung von Wert­pa­pier­an­la­gen, wenn die­se der Al­ters­vor­sor­ge dient – so­wohl für Er­werbs­tä­ti­ge als auch für Kin­der und Ju­gend­li­che.

Über die Ren­te hin­aus wür­de deutsch­land­weit rund je­der zwei­te Be­schäf­tig­te (54 Pro­zent) ar­bei­ten – meist je­doch nur in Teil­zeit und be­grenzt bis zum 70. Le­bens­jahr. „Die fi­nan­zi­el­len An­rei­ze zur Ar­beit im Ren­ten­al­ter sind ak­tu­ell über­schau­bar“, meint Dr. Ul­rich Ste­phan. „Ein­kom­men aus der ge­setz­li­chen Ren­te sind steu­er­pflich­tig, je­der Zu­ver­dienst er­höht das zu ver­steu­ern­de Ein­kom­men und da­mit den Grenz­steu­er­satz.“ Die Bun­des­re­gie­rung plant, mit der so­ge­nann­ten Ak­tiv­ren­te äl­te­re Er­werbs­tä­ti­ge zu mo­ti­vie­ren, frei­wil­lig län­ger zu ar­bei­ten. Dr. Ul­rich Ste­phan wer­tet die Plä­ne als ers­ten Schritt, aber noch nicht als aus­rei­chend, um an­ge­sichts des de­mo­gra­fi­schen Wan­dels ei­ne brei­te­re Wei­ter­be­schäf­ti­gung im Al­ter zu er­mög­li­chen. „Die Ak­tiv­ren­te kann ein Bau­stein sein – doch es braucht mehr An­rei­ze, we­ni­ger Hür­den und ei­ne neue Kul­tur des Al­terns in der Ar­beits­welt“, so der Post­bank Ex­per­te.

Informationen zur Umfrage

Die ver­wen­de­ten Da­ten be­ru­hen auf ei­ner On­line-Um­fra­ge der You­Gov-Deutsch­land GmbH, an der 2.069 Per­so­nen zwi­schen dem 28. und 30.05.2025 teil­nah­men. Die Er­geb­nis­se wur­den ge­wich­tet und sind re­prä­sen­ta­tiv für die deut­sche Wohn­be­völ­ke­rung ab 18 Jah­ren, in Nie­der­sach­sen wur­den 181 Per­so­nen be­fragt, da­von 102 Er­werbs­tä­ti­ge.

Kontakt

Iris Laduch
Mediensprecherin