Immobilienkauf im Münchener Umland: Pendelkosten berücksichtigen

Presseinformation vom 13.07.2018
In Deutschlands teuerster Großstadt München ziehen die Quadratmeterpreise für Wohneigentum noch weiter an: 6.789 Euro kostete der Quadratmeter durchschnittlich im vergangenen Jahr.

In Deutschlands teuerster Großstadt München ziehen die Quadratmeterpreise für Wohneigentum noch weiter an: 6.789 Euro kostete der Quadratmeter durchschnittlich im vergangenen Jahr. In den Umlandkreisen liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis mindestens 1.500 Euro darunter. Viele Kaufinteressierte ziehen deshalb das Pendeln in Erwägung. Nicht vergessen werden sollte dabei allerdings, dass längere Arbeitswege auch Kosten verursachen, die ein ganzes Berufsleben lang anfallen und sich summieren. Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat für die Postbank eine Modellrechnung entwickelt, mit der sich diese Kosten erstmals beziffern lassen. Der Postbank Wohnatlas 2018 zeigt, wann Fahrtkosten und -zeit den Preisvorteil des günstigeren Immobilienkaufs im Umland aufgezehrt haben.

Verglichen wird jeweils der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung in München und in den Umlandkreisen. Um die Pendelzeiten zu ermitteln, wurden als Startpunkte die bevölkerungsreichste Stadt des betreffenden Kreises und der Verwaltungssitz untersucht. Die günstigsten Ergebnisse ergab die Analyse für Dachau. Die 18 Kilometer zum Münchener Hauptbahnhof sind mit der Bahn in 15 Minuten zu schaffen. Der Kaufpreisvorteil hat bei täglicher Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für den Arbeitsweg 38,3 Jahre Bestand. Wer mit dem Auto fährt, ist doppelt so lange unterwegs. Deshalb reduziert sich bei täglicher Pkw-Fahrt die Zeitspanne auf 16,3 Jahre. Pendler aus Germering (Landkreis Fürstenfeldbruck), Vaterstetten (Landkreis Ebersberg) und Freising (Landkreis Freising) sind mit Bus und Bahn zwar durchweg länger unterwegs als die Dachauer, aber auch in diesen Städten hat der Kaufpreisvorteil bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel mehr als 25 Jahre Bestand.

Was kostet Pendeln wirklich?

Ausgangspunkt für die Modellrechnung ist der durchschnittliche Kaufpreis für eine 70 Quadratmeter große Wohnimmobilie zuzüglich Notargebühren (1 Prozent vom Kaufpreis) und Grunderwerbssteuer in der Metropole sowie in den Umlandkreisen. Zur Berechnung der Pendelkosten wird angenommen, dass eine Person des Haushalts in München arbeitet und 220 Mal im Jahr dorthin pendelt. Da auch für Münchener ein Arbeitsweg innerhalb der Stadtgrenzen zu bewältigen ist, werden die Fahrtzeiten des Pendlers von seinem Wohnsitz bis zum Umland-Bahnhof und auch die Fahrtzeit vom Münchener Hauptbahnhof zur Arbeitsstelle in die Modellrechnung nicht mit einbezogen. Es wird angenommen, dass die jeweiligen Fahrtzeiten sich ungefähr ausgleichen. Analysiert wurden sowohl die Dauer der Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) als auch mit dem Auto.

In einem zweiten Schritt wurden die Pendelkosten berechnet: Einerseits zogen die HWWI-Experten die Kosten für die Fahrkarte für Bus und Bahn, beziehungsweise für das Auto (inklusive Benzin, Anschaffung, laufende Kosten) heran. Andererseits wurde der zusätzliche Zeitaufwand für den Pendler mit dem durchschnittlichen Bruttostundenlohn in der Metropole im Jahr 2017 (32,93 Euro je Stunde) veranschlagt. Die sogenannten Zeitkosten für das Pendeln sind bedeutender als die direkten Kosten für Fahrkarten oder das Auto

> Tabelle 1: Zeitspanne in Jahren, in der der Umzug in die bevölkerungsreichste Stadt der Umlandlandkreise bzw. in den Verwaltungssitz günstiger ist (PDF, 114 KB)

In Dachau hat der Preisvorteil gegenüber dem Kauf in der bayerischen Landeshauptstadt selbst am längsten Bestand, weil die Pendelzeiten durch die gute Anbindung kurz gehalten werden können und die Quadratmeterpreise im Schnitt mehr als 2000 Euro unter denen in der Metropole liegen. In den Kreisen Fürstenfeldbruck, Ebersberg und Freising ist der Quadratmeter noch etwas günstiger zu haben als in Dachau. Allerdings dauert die Bahnfahrt aus den Städten Germering, Vaterstetten und Freising länger, sodass der Kaufpreisvorteil schneller verfahren ist. In Germering und Vaterstetten besteht er 26,1 Jahre, in Freising 25,2 Jahre. Von den Verwaltungssitzen der Kreise Fürstenfeldbruck und Ebersberg dauert die Bahn-Fahrt sogar 28 Minuten beziehungsweise 38 Minuten. Daher bleiben die Kaufpreisvorteile nur 21,8 Jahre in Fürstenfeldbruck und 15,8 Jahre in Ebersberg erhalten, wenn öffentliche Verkehrsmittel genutzt werden.

Bus- und Bahnfahren fast überall günstiger

Bei Nutzung des Pkw sind die Zeitspannen überall deutlich kürzer – sie liegen zwischen 10,1 Jahren (Ebersberg) und 18,4 Jahren (Germering). Keine der untersuchten Städte zeigt Kostenvorteile für Auto-Pendler im Vergleich zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Die Vorteile für Bus- und Bahnfahrer sind in Dachau mit einem Plus von 22 Jahren besonders groß. In Erding bestehen die Vorteile für die „Öffentlichen“ dagegen nur knapp vier Jahre länger als für die Auto-Fraktion.

Die günstigsten Immobilienpreise hat der Landkreis Landsberg am Lech zu bieten. Mit 3.301 Euro ist der Quadratmeter Wohneigentum im Schnitt nur halb so teuer wie in der Landeshauptstadt. Zugleich ist die Stadt Landsberg aber am weitesten entfernt: Auf diese Weise ist der Kaufpreisvorteil gegenüber München zwar immens, allerdings hat das Pendeln seinen Preis. Für die 60 Kilometer weite Strecke müssen Bahn-Fahrer 54 Minuten einkalkulieren, Autofahrer 50 Minuten. Das mit dem Kauf in Landsberg gesparte Geld ist nach 16,8 Jahren verfahren, Auto-Pendler sind sogar nur 12 Jahre im Vorteil.

Individuelle Abwägung

„Unsere Modellrechnung kann lediglich Anhaltspunkte liefern und Denkanstöße geben“, sagt Christian Hesse, Regionalbereichsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung Süd und Ost bei der Postbank Immobilien GmbH in München. Die Frage der Pendelkosten muss jeweils im Einzelfall betrachtet werden. Denn das Ergebnis hängt natürlich davon ab, wo exakt im Umlandkreis das Eigenheim steht, wie die Anbindung an die Metropole von dort aus ist und wo genau die Arbeitsstelle liegt. Entscheidend ist auch, ob in einem Haushalt ein oder zwei Arbeitnehmer pendeln, ob Home-Office-Regelungen die Zahl der Pendeltage verringern und wie die Karriereplanung generell aussieht. Bleibt es bei dem Arbeitsverhältnis in München? Sind berufliche Veränderungen oder der Renteneintritt absehbar? Familien sollten berücksichtigen, dass Kinder in der Kita möglicherweise länger betreut werden müssen, während Vater oder Mutter noch in der Bahn unterwegs sind oder im Stau stehen. Auch das kostet Geld. Zudem operiert die Modellrechnung mit Durchschnittswerten. Wenn der Wohnungspreis oder der Bruttolohn stark vom regionalen Durchschnitt abweichen, hat das großen Einfluss auf das Ergebnis der individuellen Kostenrechnung.

„Trotz dieser Einschränkungen liefert die Analyse wichtige Hinweise darauf, in welchen Städten und Landkreisen des Münchener Umlandes eine Investition lohnen könnte“, sagt Christian Hesse von der Postbank Immobilien GmbH.

Realistische Finanzplanung

Ob Benzin, Monatskarten, Unterhalt für ein weiteres Auto, lange Fahrtzeiten oder zusätzliche Kinderbetreuungskosten – alle Ausgaben, die das Leben im Umland erfordert, sollten möglichst realistisch eingeschätzt werden. Bedacht werden sollte auch, dass ein kostspieligeres Immobilieninvestment in der Großstadt in vielen Fällen höhere Schulden bedeutet – und dafür höhere Tilgungsleistungen und Zinszahlungen fällig werden. „Eine individuelle Analyse der Finanzlage ist unabdingbar. Wer unsicher ist, sollte sich Hilfe bei einem Experten holen“, erklärt Hesse. „Die Entscheidung für die Traumimmobilie muss zur persönlichen Lebensplanung passen.“

> Tabelle 2: Übersicht: Immobilienpreise für München und das Umland (PDF, 90KB)

Hintergrundinformationen zum Postbank Wohnatlas 2018

Der Postbank Wohnatlas 2018 ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Für die vorliegende Analyse wurden unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), die Pendelkosten für Bewohner der Umlandkreise der sieben größten deutschen Städte untersucht. Im Fokus dieser Auswertung steht München.

Annahmen und Berechnungen der Pendelkosten

1. In der Gemeinde des Landkreises wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmeter zum Durchschnittspreis des Landkreises im Jahre 2017 erworben. Alternativ wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmeter in München zum Durchschnittpreis der Metropole im Jahre 2017 gekauft.
2. Der berechnete Kaufpreis wird um Notargebühren von 1 Prozent und der derzeit im Bundesland geltenden Grunderwerbsteuer erhöht.
3. Einsparungen beim Kauf einer Eigentumswohnung im Umland im Vergleich zu einem Kauf in der Metropole werden um notwendige Mobilitätskosten (direkte Kosten und bewerteter Zeitaufwand für das Pendeln), die durch den Umzug in das Umland entstehen, reduziert.
4. Zusätzliche Mobilitätszeiten für Bewohner des Umlandes gegenüber den Bewohnern der Metropole entstehen für den Weg vom Bahnhof der Umlandgemeinde zum Münchener Hauptbahnhof. Alle Pendler nehmen den Weg von Bahnhof zu Bahnhof.
5. Als Pendelzeit für den einfachen Weg wird die kürzeste Reisezeit angesetzt, die mit dem jeweiligen Verkehrsmittel am Dienstagmorgen zwischen 07.00 Uhr und 08.00 Uhr im Februar 2018 erzielt werden konnte.
6. Die Mobilitätszeiten für Hin- und Rückweg sind identisch.
7. Die Mobilitätskosten pro einfachem Entfernungskilometer liegen nach Abzug der Steuervergünstigungen bei 0,35 Euro für den PKW und bei 0,08 Euro für den ÖPNV.
8. Der Zeitaufwand für das Pendeln wird mit dem durchschnittlichen Bruttolohn bewertet, der im Jahre 2017 in der Metropole erzielt wurde. Als Grundlage für diesen Median-Lohn dienen die Gehälter aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und Beamten, aber nicht von Selbstständigen.

Kontakt

Ralf Palm
Pressesprecher