Immobilienkauf im Kölner Umland: Pendelkosten berücksichtigen

Presseinformation vom 26.06.2018
In Köln haben die Quadratmeterpreise für Wohneigentum stark angezogen: 3.306 Euro kostete der Quadratmeter durchschnittlich im vergangenen Jahr. Im Umland liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis mindestens 1.000 Euro darunter.

  • Experten analysieren, wo sich der Wohnungskauf für Pendler rechnet
  • Neuss, Leverkusen und Siegburg bieten auch langfristig gute Bedingungen
  • Auto-Pendler verfahren Preisvorteil schneller als Bus- und Bahnfahrer

In Köln haben die Quadratmeterpreise für Wohneigentum stark angezogen: 3.306 Euro kostete der Quadratmeter durchschnittlich im vergangenen Jahr. Im Umland liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis mindestens 1.000 Euro darunter. Viele Kaufinteressierte ziehen deshalb das Pendeln in Erwägung. Nicht vergessen werden sollte dabei allerdings, dass längere Arbeitswege auch Kosten verursachen, die ein ganzes Berufsleben lang anfallen und sich summieren. Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat für die Postbank eine Modellrechnung entwickelt, mit der sich diese jährlichen Kosten erstmals beziffern lassen. Der Postbank Wohnatlas 2018 zeigt, wann Fahrtkosten und -zeit den Kostenvorteil des günstigeren Immobilienkaufs im Umland aufgezehrt haben.

Verglichen wird jeweils der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung in der Domstadt und in den Umlandkreisen. Um die Pendelzeiten zu ermitteln, wurden als Startpunkte die bevölkerungsreichste Stadt des betreffenden Kreises und der Verwaltungssitz untersucht. Die günstigsten Ergebnisse ergab die Analyse für Neuss im Rhein-Kreis Neuss: Dort hat der Kaufpreisvorteil bei täglicher Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für den Arbeitsweg 40,2 Jahre Bestand, bei täglicher Fahrt mit dem Auto reduziert sich diese Zeitspanne auf 18,6 Jahre. Blickt man auf Leverkusen, zeigen sich etwas längere Pendelstrecken. Dementsprechend ist der Kaufpreisvorteil bereits nach 24,5 Jahren dahin. Wer die Strecke täglich mit dem Auto bewältigt, hat die Preisdifferenz schon nach 13,2 Jahren verfahren.

Bus- und Bahnfahren fast überall günstiger

Neben Neuss und Leverkusen erweist sich Siegburg im Rhein-Sieg-Kreis als eine Stadt, in der der Immobilienkauf auch nach mehr als 20 Jahren Pendeln günstiger bleibt als in Köln selbst. Wenn man mit Bus oder Bahn fährt, kommt man von dort trotz vergleichsweise weiter Strecke sehr zügig in die Domstadt. Die Strecke vom Bahnhof in Siegburg zum Kölner Hauptbahnhof ist zwar mit 32 Kilometern mehr als doppelt so lang wie aus Leverkusen, die Siegburger sind aber mit einer Fahrzeit von nur 13 Minuten sogar zwei Minuten schneller in Köln. Mit dieser zeitsparenden Verbindung profitieren sie 24 Jahre vom günstigeren Immobilienkauf. In Bergisch Gladbach im Rheinisch-Bergischen Kreis ist der Kaufpreisvorteil für Bahnfahrer nach 19,6 Jahren aufgezehrt, in Kerpen im Rhein-Erft-Kreis nach 18,6 Jahren.

Bei Nutzung des Pkw sind die Zeitspannen überall deutlich kürzer – sie liegen zwischen 18,6 Jahren (Neuss) und 5,9 Jahren (Ratingen). Keine der untersuchten Städte zeigt Kostenvorteile für Auto-Pendler im Vergleich zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Die Vorteile für Bus- und Bahnfahrer sind in Neuss mit einem Plus von 21,6 Jahren besonders groß. In Mettmann besteht der Vorteil für die „Öffentlichen“ dagegen nur 0,8 Jahre länger als für die Auto-Fraktion.

Der Landkreis Mettmann grenzt zwar an Köln, ist aber deutlich besser an Düsseldorf angebunden. Sowohl von Ratingen als auch von Mettmann aus ist die Strecke nach Düsseldorf erheblich kürzer: So liegt Düsseldorf 13 Kilometer, Köln hingegen 48 Kilometer von Ratingen entfernt. Der Düsseldorfer Hauptbahnhof ist ab Ratingen in 16 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, ab Köln werden mindestens 48 Minuten benötigt. Mit dem Auto müssen ab Ratingen Richtung Köln 23 Minuten mehr als nach Düsseldorf eingeplant werden. Aufgrund der weiteren Entfernungen und der im Vergleich zu den anderen betrachteten Städten längeren Pendelzeiten bilden Ratingen und Mettmann die Schlusslichter im Vergleich der Städte aus den Umlandkreisen.

> Tabelle 1: Zeitspanne in Jahren, in der der Umzug in die bevölkerungsreichste Stadt der Umlandlandkreise bzw. in den Verwaltungssitz günstiger ist (PDF, 97KB)

Was kostet Pendeln wirklich?

Ausgangspunkt für die Modellrechnung ist der durchschnittliche Kaufpreis für eine 70 Quadratmeter große Wohnimmobilie zuzüglich Notargebühren (1 Prozent vom Kaufpreis) und Grunderwerbssteuer in der Metropole sowie in den Umlandkreisen. Zur Berechnung der Pendelkosten wird angenommen, dass eine Person des Haushalts in Köln arbeitet und 220 Mal im Jahr dorthin pendelt. Da auch für Metropolbewohner ein Arbeitsweg innerhalb der Kölner Stadtgrenzen zu bewältigen ist, werden die Fahrzeiten des Pendlers von seinem Wohnsitz bis zum Umland-Bahnhof sowie auch die Fahrtzeit vom Kölner Hauptbahnhof zur Arbeitsstelle in die Modellrechnung nicht mit einberechnet. Es wird angenommen, dass die jeweiligen Fahrtzeiten sich ungefähr ausgleichen. Analysiert wurden sowohl die Dauer der Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) als auch mit dem Auto.

In einem zweiten Schritt wurden die Pendelkosten berechnet: Einerseits wurden die Kosten für die Fahrkarte für Bus und Bahn beziehungsweise für das Auto (inklusive Benzin, Anschaffung, laufende Kosten) herangezogen. Andererseits wurde der zusätzliche Zeitaufwand für den Umlandbewohner mit dem durchschnittlichen Bruttostundenlohn in der Metropole im Jahr 2017 (31,10 Euro je Stunde) veranschlagt. Diese sogenannten Zeitkosten sind bedeutender als die direkten Kosten für Fahrkarten oder das Auto.

Individuelle Abwägung

„Unsere Modellrechnung kann lediglich Anhaltspunkte liefern und Denkanstöße geben“, sagt Stefan Konersmann, Filialgebietsleiter in Köln bei der Postbank. Die Frage der Pendelkosten muss jeweils im Einzelfall betrachtet werden. Denn das Ergebnis hängt natürlich davon ab, wo exakt im Umlandkreis das Eigenheim steht, wie die Anbindung an die Metropole von dort aus ist und wo genau die Arbeitsstelle liegt. Entscheidend ist auch, ob in einem Haushalt ein oder zwei Arbeitnehmer pendeln, ob Home-Office-Regelungen die Zahl der Pendeltage verringern und wie die Karriereplanung generell aussieht. Bleibt es bei dem Arbeitsverhältnis in der Metropole oder sind berufliche Veränderungen oder der Renteneintritt absehbar? Familien sollten berücksichtigen, dass Kinder in der Kita möglicherweise länger betreut werden müssen, während Vater oder Mutter noch in der S-Bahn unterwegs sind oder im Stau stehen. Auch das kostet Geld. Großen Einfluss auf die Beurteilung hat es außerdem, wenn Wohnungspreis und Bruttolohn stark vom regionalen Durchschnitt abweichen.

„Trotz dieser Einschränkungen liefert die vorliegende Analyse wichtige Hinweise darauf, in welchen Städten und Landkreisen des Kölner Umlandes eine Investition lohnen könnte“, sagt Konersmann von der Postbank. „Unsere Berechnung zeigt, dass der Wohnungskauf in einigen Nachbarkreisen Kölns auch für Pendler durchaus attraktiv sein kann. Denn das Umland ist zum Teil sehr gut angebunden, die Pendelzeiten bleiben im Rahmen. Dadurch können gleich mehrere Standorte in unserer Modellrechnung mit Zeiträumen von knapp 20 Jahren und mehr punkten, in denen der Kostenvorteil Bestand hat“, so Konersmann weiter.

Realistische Finanzplanung

Ob Benzin, Monatskarten, Unterhalt für ein weiteres Auto, lange Fahrtzeiten oder zusätzliche Kinderbetreuungskosten – alle Ausgaben, die das Leben im Umland erfordert, sollten möglichst realistisch eingeschätzt werden. Denn andernfalls könnten sich Kaufinteressierte von den günstigeren Quadratmeterpreisen leicht zu einer größeren Immobilie im Umland verführen lassen. Beim Immobilienkauf würde dann im Vergleich zum Erwerb in der Metropole selbst womöglich kaum gespart – und die Pendelkosten kämen noch oben drauf.

Bedacht werden sollte dabei auch, dass ein kostspieligeres Immobilieninvestment in der Großstadt in vielen Fällen höhere Schulden bedeutet – und dafür höhere Tilgungsleistungen und Zinszahlungen fällig werden. „Um die beste Lösung zu finden, ist eine individuelle Analyse der finanziellen Lage unabdingbar“, erklärt Konersmann. „Einmal mehr zeigt unser Wohnatlas: Die Traumimmobilie muss zur persönlichen Lebensplanung passen.“

> Tabelle 2: Übersicht: Immobilienpreise für Köln und das Umland (PDF, 72KB)

Hintergrundinformationen zum Postbank Wohnatlas 2018

Der Postbank Wohnatlas 2018 ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Für die vorliegende Analyse wurden unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), die Pendelkosten für Bewohner der Umlandkreise der sieben größten deutschen Städte untersucht. Im Fokus dieser Auswertung steht Köln.

Annahmen und Berechnungen der Pendelkosten

1. In der Gemeinde des Landkreises wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmeter zum Durchschnittspreis des Landkreises im Jahre 2017 erworben. Alternativ wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmeter in Köln zum Durchschnittpreis der Metropole im Jahre 2017 gekauft.
2. Der berechnete Kaufpreis wird um Notargebühren von 1 Prozent und der derzeit im Bundesland geltenden Grunderwerbsteuer erhöht.
3. Einsparungen beim Kauf einer Eigentumswohnung im Umland im Vergleich zu einem Kauf in der Metropole werden um notwendige Mobilitätskosten (direkte Kosten und bewerteter Zeitaufwand für das Pendeln), die durch den Umzug in das Umland entstehen, reduziert.
4. Zusätzliche Mobilitätszeiten für Bewohner des Umlandes gegenüber den Bewohnern der Metropole entstehen für den Weg vom Bahnhof der Umlandgemeinde zum Kölner Hauptbahnhof. Alle Pendler nehmen den Weg von Bahnhof zu Bahnhof.
5. Als Pendelzeit für den einfachen Weg wird die kürzeste Reisezeit angesetzt, die mit dem jeweiligen Verkehrsmittel am Dienstagmorgen zwischen 07.00 Uhr und 08.00 Uhr im Februar 2018 erzielt werden konnte.
6. Die Mobilitätszeiten für Hin- und Rückweg sind identisch.
7. Die Mobilitätskosten pro einfachem Entfernungskilometer liegen nach Abzug der Steuervergünstigungen bei 0,35 Euro für den PKW und bei 0,08 Euro für den ÖPNV.
8. Der Zeitaufwand für das Pendeln wird mit dem durchschnittlichen Bruttolohn bewertet, der im Jahre 2017 in der Metropole erzielt wurde.

Kontakt

Ralf Palm
Pressesprecher