Kein Streit ums Erbe

Aus Ausgabe 4/2023
Eine Erbschaft kann Familienbande auf eine echte Zerreißprobe stellen. Besonders brenzlig wird die Lage, wenn sich Erben benachteiligt fühlen, so eine aktuelle Umfrage der Deutschen Bank. Wie kann man ­Konflikte ums Erbe bereits im Vorfeld entschärfen?

Bild Nr. 1698, Quelle Postbank / © evgenyataman

Streit kommt in den bes­ten Fa­mi­li­en vor – vor al­lem, wenn es um Geld geht: Erb­schaf­ten ber­gen da­her ein nicht zu un­ter­schät­zen­des Streit­po­ten­zi­al. Laut ei­ner ak­tu­el­len You­Gov-Um­fra­ge im Auf­trag der Deut­schen Bank be­rich­tet je­der fünf­te Er­be (21 Pro­zent), dass es Streit um den Nach­lass gab. Je hö­her der Wert der Erb­schaft, des­to an­ge­spann­ter die Ge­mü­ter: Wur­de ei­ne Erb­schaft im Wert von 50.000 Eu­ro und mehr an die nächs­te Ge­ne­ra­ti­on über­tra­gen, kam es bei gut je­der vier­ten Erb­schaft (26 Pro­zent) zu Aus­ein­an­der­set­zun­gen. Und wur­de die Erb­schaft als Teil der ei­ge­nen Al­ters­vor­sor­ge vor­ge­se­hen, stritt man so­gar in 29 Pro­zent der Fäl­le.

Feh­len­de Wert­schät­zung

An­lass für Streit se­hen die meis­ten Be­frag­ten dar­in, dass Nach­kom­men be­nach­tei­ligt wer­den (27 Pro­zent), dass zu Leb­zei­ten nicht über das Er­be ge­spro­chen wur­de (26 Pro­zent) oder dass es pro­ble­ma­tisch war, ei­ne Er­ben­ge­mein­schaft auf­zu­lö­sen (24 Pro­zent). „Zwar gibt es kein Pa­tent­re­zept, das Strei­tig­kei­ten um den Nach­lass si­cher ver­hin­dert. Aber zu­künf­ti­ge Erb­las­ser kön­nen ei­ni­ge sinn­vol­le Vor­keh­run­gen tref­fen, um ih­ren Nach­kom­men das Er­ben zu er­leich­tern“, sagt An­ja Maultzsch von der Post­bank. Grund­sätz­lich sei es wich­tig, sich be­wusst mit dem ei­ge­nen Nach­lass aus­ein­an­der­zu­set­zen. Vie­len Strei­tig­kei­ten kön­ne man die Grund­la­ge ent­zie­hen, in­dem man die Ver­tei­lung des Ver­mö­gens klar re­gelt und in ei­nem gül­ti­gen Tes­ta­ment oder Erb­ver­trag fest­schreibt. „Das gilt nicht nur für gro­ße Ver­mö­gens­wer­te, son­dern auch für Fa­mi­li­enerb­stü­cke mit ho­hem emo­tio­na­lem Wert. Im Ide­al­fall be­spricht der zu­künf­ti­ge Erb­las­ser de­ren Wei­ter­ga­be mit sei­nen Nach­kom­men und fi­xiert sie tes­ta­men­ta­ri­sch“, er­klärt die Post­bank Ex­per­tin.

Nach ei­ge­nen Wün­schen

Wur­de nichts an­de­res im Letz­ten Wil­len be­stimmt, greift die ge­setz­li­che Erb­fol­ge. Es er­ben der über­le­ben­de Ehe­gat­te oder ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner und die Men­schen, die dem Erb­las­ser ver­wandt­schaft­lich am nächs­ten ste­hen – zu­nächst die Kin­der. Gibt es meh­re­re gleich­ran­gi­ge Er­ben, bil­den die­se ei­ne Er­ben­ge­mein­schaft, die den Nach­lass un­ter sich auf­tei­len muss. „Das führt fast zwangs­läu­fig zu Kon­flik­ten – vor al­lem wenn das Er­be schwer zu tei­len ist, weil es zum Bei­spiel aus Im­mo­bi­li­en­ei­gen­tum be­steh­t“, er­läu­tert An­ja Maultzsch. Das Ge­setz bie­tet zahl­rei­che Ge­stal­tungs­mög­lich­kei­ten für ei­nen Letz­ten Wil­len – aber auch Fall­stri­cke. Bei­spiels­wei­se kön­nen ein­zel­ne Ver­mö­gens­wer­te per Ver­mächt­nis an ei­ne be­stimm­te Per­son ver­erbt wer­den. Das Tes­ta­ment muss al­ler­dings for­mal kor­rekt ver­fasst wer­den, da­mit es Gül­tig­keit hat. „Da das Erbrecht sehr kom­plex ist, kann es Sinn ma­chen, die fach­li­che Un­ter­stüt­zung ei­nes No­tars oder Fach­an­walts für Erbrecht ein­zu­ho­len“, rät An­ja Maultzsch.

Informationen zur Umfrage

In ei­ner be­völ­ke­rungs­re­prä­sen­ta­ti­ven On­line-Be­fra­gung in­ter­view­te You­Gov im Auf­trag der Deut­schen Bank zwi­schen dem 29. Sep­tem­ber und 2. Ok­to­ber 2023 ins­ge­samt 2.074 Per­so­nen ab 18 Jah­ren.