Über Geld spricht man nicht …?

Aus Ausgabe 3/2021
Geld ist immer noch eines der größten Tabuthemen in unserer Gesellschaft, das belegt eine aktuelle Postbank Umfrage. Vor allem über Schulden und Geldanlage schweigt man sich lieber aus. Warum schadet das unserer Anlagekultur?

Bild Nr. 1611, Quelle: Postbank / © Antonio Guillen Fernández
Für die Mehrheit der Deutschen sind Gespräche über Geld tabu

Auf einer Party über die letzte Gehalts­erhöhung plaudern oder mit dem Nachbarn am Garten­zaun die Sonder­tilgungs­konditionen des Immobilien­kredits diskutieren – für viele sind Gespräche über Finanzen in der Öffentlich­keit un­denk­bar. Laut einer aktuellen Kantar-Umfrage im Auftrag der Postbank halten 70 Prozent der Deutschen Geld für ein Tabu­thema. Besonders zurück­haltend sind die Bundes­bürger, wenn es um ihre Schulden und die Geld­anlage geht – rund 60 Prozent sprechen nur innerhalb ihres Haus­halts über ihre Ver­bind­lich­keiten und Anlage­strategien. „Geld ist noch immer das ent­scheidende Tabu­thema in unserer Gesell­schaft, stärker als Sexualität“, erklärt Psychologe und Buchautor Dr. Wolfgang Krüger. „Während inzwischen über persönliche Erfahrungen mit Sexualität in jeder zweiten Frauen­freund­schaft geredet wird, ist man beim Geld deutlich zuge­knöpfter. Vor allem Männer tauschen sich höchstens darüber aus, wie man an der Börse am besten Geld verdient.“

Tabus hemmen

Das Fehlen einer offenen Gesprächs­kultur trage maßgeblich dazu bei, dass viele Menschen zu wenig über Finanzen wissen, meint Karsten Rusch, Anlage­experte der Postbank: „Die Tabuisierung von Geld begünstigt das Ver­drängen oder Aus­blenden von Finanz­themen. So verpassen Menschen wertvolle Infor­mationen und Impulse, die sich durch Gespräche über Finanz­themen ergeben könnten.“ Laut Postbank Umfrage schätzt knapp jeder dritte Deutsche (32 Prozent) seinen Wissens­stand zum Thema Finanzen lediglich als mangel­haft oder unzu­reichend ein; acht Prozent geben zu, dass ihnen jegliches Finanz­wissen fehlt. Immerhin knapp jeder zweite Befragte (47 Prozent) wertet sein Wissen in diesem Bereich als ausreichend. Nur knapp jeder Achte (13 Prozent) bezeichnet es als gut oder sehr gut. Solide Grund­kenntnisse seien aber die Voraus­setzung dafür, dass man das eigene Geld sinnvoll verwalten und anlegen kann, so Karsten Rusch. „Fehlt dieses Wissen, trifft man leicht die falschen Ent­scheidungen, legt das Geld unrentabel oder zu riskant an. Das kann fatale Konse­quenzen haben, zum Beispiel bei der privaten Alters­vorsorge. Das Niveau der gesetzlichen Rente sinkt immer weiter. Gleichzeitig wächst die individuelle Verant­wortung für die finanzielle Vorsorge. Wem das nötige Finanz­wissen fehlt, der ist dieser Heraus­forderung nicht gewachsen.“

Informationen zur Umfrage

In einer repräsentativen Online-Befragung interviewte Kantar im Auftrag der Postbank zwischen dem 11. und 21. Juni 2021 insgesamt 1.000 Befragte ab 18 Jahren.