Auf dem Prüfstand: frische Aktien

Aus Ausgabe 4/2015

Wer bei einem Börsengang zu den Aktionären der ersten Stunde zählt, kann mit etwas Glück Gewinne einstreichen, wenn die Erstnotiz über dem Ausgabepreis liegt. Doch manchmal ist es sinnvoller, erst einmal abzuwarten und später einzusteigen.

Halten Unternehmen, was sie beim Börsengang versprechen?
Bild Nr. 1342, Quelle: Postbank
© Vitaliy Kytayko

Mit bekannten Namen wie dem Autozulieferer Schaeffler, dem Internetportal Scout24 oder der Deutschen Pfandbriefbank weckten Börsengänge in den vergangenen Monaten das Interesse vieler Aktienanleger. Wer von Anfang an dabei sein will, kann beim Börsengang Aktien zeichnen und darauf hoffen, dass je nach Nachfrage zumindest ein Teil der bestellten Wertpapiere zugeteilt wird. Berechnet wird dabei der vom Unternehmen festgelegte Ausgabepreis, der je nach Marktlage niedriger oder höher sein kann als die darauf folgende Erstnotiz an der Börse. Allerdings sollten Anleger beim Zeichnen neuer Aktien aus Börsengängen mit besonderer Sorgfalt vorgehen, empfiehlt Wertpapierexpertin Helma Eckhardt von der Postbank: "Bei einem Börsengang ist die Einschätzung der künftigen Kursentwicklung mit zusätzlichen Unwägbarkeiten verbunden." Gerade wenn es sich um junge Unternehmen handelt, lässt sich wegen der kurzen Umsatz- und Gewinnhistorie oft nur schwer einschätzen, wie sich die Geschäfte in der kommenden Zeit entwickeln. Auch zeigt sich meist erst im Nachhinein, ob der Emissionspreis von den Teilnehmern am Börsenhandel für angemessen oder womöglich für zu hoch befunden wird.

Bild Nr. 1343, Quelle: Postbank
© Nunnicha Supagrit

Kühlen Kopf bewahren

Unterschiede gibt es auch bei den Anforderungen an die Transparenz: Je nachdem, in welchem Marktsegment sich der Börsenneuling listen lässt, sind die Offenlegungspflichten mehr oder weniger streng. Am schnellsten und umfassendsten müssen Unternehmen im "Prime Standard" über wichtige Ereignisse und aktuelle Geschäftszahlen berichten. Weniger streng sind die Vorschriften im "General Standard" und die geringsten Anforderungen bringt der "Entry Standard" mit sich. "Dort können Unternehmen bis zu sechs Monate mit der Veröffentlichung des Jahresabschlusses warten, während im General und Prime Standard maximal vier Monate Verzögerung zulässig sind", erläutert Helma Eckhardt. Wer eine Neuemission zeichnen will, muss überdies zuerst prüfen, ob das bei seiner Bank überhaupt infrage kommt – oft ist nämlich die Zeichnung neuer Aktien nur bei den Instituten möglich, die als Konsortialbank den Börsengang begleiten. Dann stellt sich die Frage, ob es sich lohnt, ein zweites Wertpapierdepot zu eröffnen und die dazugehörigen Kosten zu tragen, nur um bei einem Börsengang unter den ersten Aktienkäufern zu sein. Vor diesem Hintergrund rät Helma Eckhardt Anlegern dazu, bei Börsengängen einen kühlen Kopf zu bewahren: "Wer nicht hundertprozentig von der Aktie überzeugt ist, sollte bis zum Einstieg erst einmal abwarten, wie sich Aktienkurs und Unternehmensgewinn entwickeln."