Mutter­schutz für Selbst­ständige: Rege­lungen & Tipps

  • Die gute Nachricht vorweg: Selbstständige Frauen müssen auch ohne Arbeitgeber und Festanstellung im Falle einer Schwangerschaft nicht per se auf Schutz und finanzielle Unterstützung verzichten.
  • Zwar greift das Mutterschutzgesetz für Selbstständige nicht automatisch, doch es gibt verschiedene Möglichkeiten, finanziell abgesichert zu bleiben: über die gesetzliche oder private Krankenversicherung, durch Krankentagegeld und über das Elterngeld.
  • Lesen Sie hier nach, was Sie rund um das Thema Mutterschutz bei Selbstständigkeit wissen sollten.

Mutter­schutz bei Selbst­ständigkeit: Wie ist die recht­liche Lage?

Während angestellte Schwangere automatisch unter das Mutterschutzgesetz (kurz: MuSchG) fallen, gilt dies bei Selbstständigkeit nicht ohne Weiteres. Der klassische Mutterschutz mit Freistellungspflichten und Kündigungsschutz ist für Selbstständige rechtlich schlichtweg nicht vorgesehen.

Gilt das Mutter­schutz­gesetz für Selbst­ständige?

Nein, in der Regel nicht. Das Mutterschutzgesetz kommt nur zur Anwendung, wenn eine wirtschaftliche Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit bestehen. Das ist in der Regel bei angestellten Arbeitnehmerinnen der Fall. Daher müssen selbstständige Frauen selbst aktiv werden, um sich abzusichern. Ein Sonderfall greift, wenn sich selbstständige Schwangere in einer arbeitnehmerähnlichen Position befinden oder eine freiberufliche Tätigkeit im Auftrag eines Arbeitgebers ausüben.

Sonder­fall: Mutter­schutz für Selbst­ständige in arbeit­nehmer­ähnlicher Stel­lung

Was bedeutet eigentlich „arbeitnehmerähnlich“? Eine arbeitnehmerähnliche Person ist formal selbstständig, aber wirtschaftlich stark von einem Auftraggeber abhängig – und in dessen Arbeitsorganisation eingebunden. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und die Sozialgesetzgebung erkennen an, dass solche Konstellationen besonderen Schutz benötigen. Das gilt auch und besonders während der Schwangerschaft.

Typische Merkmale einer arbeitnehmerähnlichen Selbstständigkeit auf einen Blick:

  • Nur ein oder wenige Auftraggeber, häufig stammen 80 Prozent oder mehr der Einnahmen aus einer einzigen Quelle
  • Weisungsgebundenheit wie feste Arbeitszeiten, vorgegebene Inhalte oder Methoden
  • Eingliederung in die Betriebsorganisation des Auftraggebers
  • Kein echtes unternehmerisches Risiko, beispielsweise keine eigene Kundengewinnung, kein Kapitalrisiko
  • Keine oder nur minimale Entscheidungsfreiheit

Praktische Beispiele für eine arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit:

  • Eine freiberufliche Lehrerin, die ausschließlich für eine öffentliche Schule unterrichtet – und zwar zu festen Zeiten, mit festen Inhalten und in ständiger Absprache mit der Schulleitung
  • Eine freiberufliche Journalistin, die regelmäßig für nur ein Medienhaus arbeitet, mit Redaktionssitzungen, festen Deadlines und eingeschränkter Themenwahl.
  • Eine IT-Beraterin, die zwar auf dem Papier freiberuflich arbeitet, aber auf Weisung eines Konzerns über viele Monate hinweg in einem Team arbeitet, als wäre sie dort angestellt.

In solchen Fällen können Gerichte und Behörden feststellen, dass die Tätigkeit faktisch einem Arbeitsverhältnis ähnelt. Die Schwangere hat somit Anspruch auf die Schutzrechte nach dem Mutterschutzgesetz.

Was bedeutet eine arbeit­nehmer­ähnliche Ab­hängig­keit konkret für den Mut­ter­schutz?

Wird eine solche arbeitnehmerähnliche Abhängigkeit festgestellt, dann ändern sich folgende Punkte:

  • Das Mutterschutzgesetz greift, die Schwangere hat damit Anspruch auf Freistellung im Mutterschutzzeitraum, auf Mutterschaftsgeld, Kündigungsschutz usw.
  • Das Arbeitsrecht gilt anteilig, dazu gehören Regelungen zur Arbeitszeit, Urlaub oder Krankheit.
  • Es wird möglicherweise eine Scheinselbstständigkeit vermutet. Das kann weitere rechtliche und steuerliche Konsequenzen haben, etwa die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen.

Mutter­schutz bei Selbst­ständig­keit: Schutz­lücken im Über­blick

Werden Sie als Selbstständige schwanger, entfallen normalerweise allerdings automatisch mehrere gesetzliche Schutzmechanismen, die Arbeitnehmerinnen zustehen. Dazu zählen:

  • Kein Beschäftigungsverbot vor der Geburt (Ausnahme: medizinische Notwendigkeit, etwa bei einer Risikoschwangerschaft)
  • Kein Mutterschaftsgeld über die gesetzliche Krankenversicherung – es sei denn, Sie haben vorgesorgt
  • Kein Kündigungsschutz – denn Sie sind Ihre eigene Arbeitgeberin
  • Keine gesetzliche Arbeitszeitbegrenzung etwa bei Nachtschichten oder Wochenendarbeit

Daher ist es besonders wichtig, sich frühzeitig mit dem Thema Mutterschutz bei Selbstständigkeit auseinanderzusetzen und eigene Absicherungen zu treffen.
 

Schutz­leistungen für Selbst­ständige: GKV und PKV im Ver­gleich

Je nach Versicherung und Zusatzleistungen gelten für schwangere Selbstständige verschiedene Regelungen. Die Möglichkeiten sind vielfältig, es lohnt sich daher, sich vorab umfassend zu informieren und gegebenenfalls beraten zu lassen.

Frei­willige gesetz­liche Kranken­ver­sicherung mit Kranken­tage­geld

Sind Sie freiwillig gesetzlich versichert und bietet Ihre GKV den Wahltarif „Krankengeld bei Krankheit“, so können Sie Mutterschaftsgeld beziehen, sofern Sie diesen Tarif abgeschlossen haben. Die Leistungen sind vergleichbar mit denen von Arbeitnehmerinnen. Die Höhe beträgt in der Regel 70 % des Arbeitseinkommens, Sie erhalten das Mutterschaftsgeld für insgesamt 14 Wochen – nämlich 6 Wochen vor bis 8 Wochen nach der Geburt. Den Antrag stellen Sie mit Vorlage der ärztlichen Bescheinigung direkt bei Ihrer Krankenkasse.

Tipp

Viele gesetzliche Kassen bieten Wahltarife an, die nur unter bestimmten Bedingungen kündbar sind. Prüfen Sie solche Optionen immer frühzeitig und vor allem sorgfältig, idealerweise also vor der Schwangerschaft.

Private Kranken­ver­sicherung

Haben Sie eine private Krankenversicherung, dann hängt der Leistungsumfang stark vom gewählten Tarif und Ihrer Versicherung im Allgemeinen ab. Standardmäßig ist das Mutterschaftsgeld in der PKV nicht enthalten. Sie können allerdings einen Krankentagegeldtarif abschließen, der auch in der Mutterschutzzeit greift. Sie erhalten dann meist nach der Karenzzeit eine tägliche Pauschale, das können 70, aber auch 100 Euro am Tag sein. All dies ist bei der privaten Krankenversicherung vertraglich festgelegt und kann stark variieren. Es lohnt sich deshalb, den Tarif zu prüfen und gegebenenfalls frühzeitig anpassen zu lassen.

Mutter­schutz und Selbst­ständig­keit – weitere Optionen

Neben der gesetzlichen Krankenversicherung und der PKV ist es sinnvoll, die Möglichkeiten rund um eine freiwillige Versicherung bei der Berufsgenossenschaft in den Blick zu nehmen. Denn viele selbstständige Unternehmerinnen können sich freiwillig bei der Berufsgenossenschaft versichern. Diese zahlt in manchen Fällen zum Beispiel bei Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Schwangerschaftskomplikationen oder übernimmt nach der Geburt eine Entgeltersatzleistung. Darüber hinaus lohnt sich je nach Branche eine Betriebsausfallversicherung – sollte die Schwangerschaft zu Einschränkungen bei der Arbeitsfähigkeit führen, sind Sie damit auf der sicheren Seite. Nicht zuletzt ist es wichtig, steuerliche Rücklagen zu bilden, um Ausfälle besser kompensieren zu können.

Eltern­geld bei Selbst­ständig­keit: Voraus­setzungen und An­spruch

Auch wenn das Mutterschutzgesetz für Selbstständige nicht automatisch greift – das Elterngeld steht in Deutschland allen Eltern gleichermaßen zu, unabhängig vom Beschäftigungsstatus. Einzige Ausnahme: eine Überschreitung der Einkommensgrenze. Diese liegt aktuell bei 175.000 Euro für Paare und Alleinerziehende. Die Höhe des Elterngeldes wird anhand des Einkommens der letzten 12 Kalendermonate vor der Geburt berechnet. Selbstständige müssen ein vorläufiges Elterngeld beantragen und nach Ende des Bezugszeitraums die tatsächlichen Einkünfte nachweisen.

Voraussetzungen und Nachweise für den Bezug von Elterngeld

  • Wohnsitz in Deutschland
  • Betreuung des Kindes durch die Eltern
  • Reduzierung der Erwerbstätigkeit auf maximal 30 Stunden pro Woche
  • Einkommensnachweis über den Steuerbescheid oder eine betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA)

Höhe des Elterngeldes

  • Basiselterngeld: 65 bis 67 Prozent des Nettoeinkommens vor der Geburt (mindestens 300 €, maximal 1.800 € pro Monat)
  • ElterngeldPlus: Geringere Auszahlung, dafür doppelte Bezugsdauer – ideal bei Teilzeitarbeit
  • Partnerschaftsbonus: Zusätzlich 4 Monate pro Elternteil bei gleichzeitiger Teilzeit
     

Tipp

Lassen Sie sich vor der Geburt entweder bei Ihrem Steuerberater bzw. Ihrer Steuerberaterin oder direkt bei der zuständigen Elterngeldstelle beraten.

Ausblick: Selbst­ständige Schwan­gere als poli­tisches Thema

Der fehlende Mutterschutz für selbstständige Schwangere ist längst auch in der Politik ein Thema. So sieht die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag vor, einen Mutterschutz für Selbstständige einzuführen. Dieser soll an die Mutterschutzfristen für Beschäftigte angepasst sein. Um diese Pläne in die Tat umzusetzen, möchte die neue Koalition mögliche Finanzierungsmodelle dafür prüfen – denn immerhin verspricht sie eine finanzielle Entschädigung für selbstständige Frauen, wenn sie vor und nach der Geburt nicht arbeiten können.

Fazit: Mutter­schutz für Selbst­ständige braucht Eigen­initiative

Als Selbstständige sind Sie zumindest momentan nicht automatisch durch das Mutterschutzgesetz abgesichert. Doch mit der richtigen Vorbereitung, beispielsweise über Krankentagegeldtarife, Elterngeld oder Rücklagen, können Sie sich wirksam schützen. Also: Prüfen und nutzen Sie bestehende Angebote und stellen Sie Ihre Selbstständigkeit auch während Ihrer Schwangerschaft und Mutterschaft auf ein stabiles Fundament.