Pflege von An­ge­hörigen – finan­zielle Hil­fen & Tipps

Häusliche Pflege – eine Selbstverständlichkeit? Tatsächlich findet in Deutschland ein Großteil der Pflege in den eigenen vier Wänden der Pflegebedürftigen statt. Oft sind es die Angehörigen, die sich um die Versorgung kümmern – soweit sie können. Denn bei der häuslichen Pflege von Angehörigen gibt es einiges, was beachtet werden muss. Wichtige Informationen zur Finanzierung, zu Rechten und Pflichten finden Sie hier.

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Pflege durch Ange­hörige ist der Normal­fall

Derzeit sind in Deutschland knapp fünf Millionen Menschen pflegebedürftig . Mehr als 80 Prozent der Pflegebedürftigen leben zu Hause. Um ihre Versorgung kümmern sich größtenteils Angehörige, nur 21 Prozent werden durch ambulante Pflegedienste betreut. Mit zunehmendem Pflegegrad geht in der Regel auch ein erhöhter Bedarf an ambulanten Diensten einher.

Tipp

Wenn Sie berufstätig sind und einen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen möchten, können Sie die Familienpflegezeit beanspruchen. Damit ist es möglich, sich bis auf eine Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden von der Arbeit freistellen zu lassen.

Pro­fes­sionelle Ver­sorgung oder Pflege durch An­ge­hörige?

Die häusliche Pflege Angehöriger kann für alle Beteiligten eine echte Belastungsprobe sein. Plötzlich die eigenen Eltern oder Großeltern zu waschen, Vorlagen zu wechseln und das Essen anzureichen, liegt nicht jedem. Viele Kinder oder Enkel haben Angst, etwas falsch zu machen oder Schmerzen zu verursachen. Eine besondere Herausforderung ist die Demenz: Zu sehen, zu ertragen und zu verstehen, wie ein geliebter Mensch geistig abbaut und teilweise heikel im Umgang wird, ist nur schwer erträglich. Hier kann die Pflege durch Fremde, die keinen Vergleich haben und den Menschen so annehmen, wie er jetzt ist, vorteilhaft sein.

Auch von der Warte des Pflegebedürftigen aus betrachtet, ist die Situation nicht einfach. Die Selbstständigkeit zu verlieren und auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein, ist eine belastende Erfahrung. Oftmals fällt es leichter, wenn Fremde in die Intimsphäre dringen und es nicht die eigenen Angehörigen sind.

Tipp

Die Pflegekasse finanziert Kurse für pflegende Angehörige. Auch die Kosten für Kurse im heimischen Umfeld über den praxisnahen Einsatz von Hilfsmitteln werden voll übernommen.

Seien Sie ehr­lich zu sich selbst und der Fa­milie

Die Pflege von Angehörigen zu erlernen, ist von der „technischen“ Seite kein Problem.

Eine größere Herausforderung ist die emotionale Belastung. Den eigenen Eltern oder Großeltern im Rollentausch zu begegnen und bei der Pflege von Angehörigen in die Intimsphäre zu dringen, erfordert eine gewisse Grundhaltung. Angehörige zu pflegen und parallel in Vollzeit zu arbeiten, zehrt ebenso an den körperlichen und geistigen Kräften, wie eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung zu gewährleisten und kaum Zeit für sich oder spontane Aktivitäten zu haben. Seien Sie daher ehrlich zu sich selbst:

  • Möchten Sie Ihren Angehörigen wirklich pflegen?
  • Welche Aufgaben können Sie sich vorstellen und wo liegen Ihre persönlichen Grenzen?
  • Möchte der Angehörige von Ihnen gepflegt und versorgt werden oder wünscht er sich fremdes Pflegepersonal?

Pflicht- oder Schuldgefühle sind in dieser Situation schlechte Berater. Es gibt viele Wege, pflegebedürftige Angehörige zu unterstützen. So können Sie nur die Einkäufe und den Haushalt übernehmen, für Unterhaltung und Mobilität sorgen und die Pflege anderen überlassen. Ebenso können Sie die Grundpflege persönlich leisten und die Behandlungspflege in professionelle Hände übergeben. Die Pflegekassen bieten für die Pflege durch Angehörige viele verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten an. So können Sie und Ihr Angehöriger sich genau das Pflegepaket zusammenstellen, das Ihren persönlichen Bedürfnissen entspricht.

Tipp

Besprechen Sie frühzeitig, wie Sie und Ihre Angehörigen sich die Pflege vorstellen. So sind Sie im Falle eines Falles gut gerüstet. Auch eine Vorsorgevollmacht ist sehr empfehlenswert.

Die Pflege­kassen unter­stützen die Pflege durch An­ge­hörige

Damit die häusliche Pflege den individuellen Bedürfnissen des Pflegebedürftigen und der Pflegenden entspricht, stehen unterschiedliche Optionen zur Wahl. Dazu gehören:

  • Pflegegeld
  • Pflegesachleistungen
  • Kombinationsleistung
  • Einzelpflegekräfte
  • Tages- und Nachtpflege
  • Verhinderungs- oder Entlastungspflege
  • Kurzzeitpflege
  • Hilfsmittel
  • Entlastungsbetrag

Pflege­geld – Leis­tungen eigen­ver­ant­wort­lich buchen

Pflegegeld ist eine rein finanzielle Leistung der Pflegekasse, die direkt an die Pflegebedürftigen ausgezahlt wird. Mit dem Pflegegeld können sich Pflegebedürftige die Leistungen, die sie benötigen, individuell zusammenstellen. Sie können es z. B. als Anerkennung an pflegende Angehörige weitergeben, für eine Haushaltshilfe oder für Hilfe bei der Körperpflege einsetzen. Bedingung für die Bewilligung von Pflegegeld ist, dass die Pflege des Betroffenen sichergestellt ist. Die Höhe des Pflegegeldes richtet sich nach dem sogenannten Pflegegrad:

  • Pflegegrad 1: kein Pflegegeld
  • Pflegegrad 2: 316 Euro monatlich
  • Pflegegrad 3: 545 Euro monatlich
  • Pflegegrad 4: 728 Euro monatlich
  • Pflegegrad 5: 901 Euro monatlich

Tipp

Die Pflegekasse leistet unter bestimmten Bedingungen Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige. Außerdem sind pflegende Angehörige in der gesetzlichen Unfallversicherung abgesichert. Wurde der Beruf aufgegeben, zahlt die Pflegekasse die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung. Darüber hinaus können Sie für die Pflege Angehöriger bei der Steuer einen Pflege-Pauschbetrag geltend machen.  

Pflege­sach­leistungen – am­bu­lante Pflege durch Fach­personal

Als Pflegesachleistungen bezeichnen Experten die Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst. Dieser ermöglicht es, die Pflege durch Angehörige besser zu strukturieren und die Familie zu entlasten. So lassen sich Pflege und Beruf besser vereinbaren und Sie haben die Möglichkeit, bestimmte Pflegetätigkeiten an Fachleute zu delegieren. Ambulante Pflegedienste übernehmen unter anderem folgende Aufgaben:

  • Mit körperbezogenen Pflegemaßnahmen unterstützen sie bei der Körperpflege, der Nahrungsaufnahme und der Förderung der Bewegungsfähigkeit.
  • Sie übernehmen die pflegerische Betreuung und helfen bei der Orientierung im Alltag, bei der Gestaltung der Zeit und bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte.
  • Sie leisten die häusliche Krankenpflege, die Teil des Leistungskatalogs der Krankenkassen ist, und sorgen z. B. für die Medikamentengabe oder die Wundversorgung.
  • Sie beraten Pflegebedürftige und Angehörige rund um alle spezifischen Leistungen und helfen bei der Organisation von Hilfen wie Essen auf Rädern, Krankentransporten und Fahrdiensten.

Für Pflegesachleistungen gelten folgende Sätze:

  • Pflegegrad 1: keine Pflegesachleistung
  • Pflegegrad 2: 724 Euro monatlich
  • Pflegegrad 3: 1.363 Euro monatlich
  • Pflegegrad 4: 1.693 Euro monatlich
  • Pflegegrad 5: 2.095 Euro monatlich

Gut zu wissen

Ab 1. Januar 2024 wird die Pflege­sachleistungen ab Pflege­grad 2 werden um 5 Prozent angehoben – auch das Pflegegeld steigt um 5 Prozent. 

Kom­binations­leistung – Pflege­geld und Pflege­sach­leistungen nutzen

Mit der Kombinationsleistung haben Sie die Möglichkeit, zum Teil die Pflege durch Angehörige zu nutzen und einen Teil der Arbeit einem professionellen Pflegedienst zu überlassen. In diesem Fall sinkt das an den Pflegebedürftigen ausgezahlte Pflegegeld um den Anteil, der über Sachleistungen von der Pflegekasse erbracht wird.

Einzel­pflege­kräfte – die persön­liche Pflege­kraft

Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben die Möglichkeit, eine sogenannte Einzelpflegekraft zu engagieren. Dabei handelt es sich um selbstständige Altenpflegekräfte oder Altenpflegehelfer, diemit der Pflegekasse Einzelpflegeverträge schließen. Auf diese Weise lässt sich ein Personalwechsel in der ambulanten Pflege vermeiden und die Pflege sehr individuell gestalten. Einzelpflegekräfte rechnen direkt mit der Pflegekasse ab. Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 1 können den Entlastungsbetrag für diese Art der Versorgung nutzen.

Tages- und Nacht­pflege – die teil­stationäre Ver­sorgung

Bei der Tages- und Nachtpflege verbringt der Pflegebedürftige einige Stunden des Tages in einer teilstationären Pflegeeinrichtung und wird professionell betreut. Das Angebot erleichtert die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf – pflegende Angehörige wissen ihre Liebsten gut versorgt und können beruhigt ihrer Arbeit nachgehen. Auch die Pflegebedürftigen selbst profitieren von diesem Angebot, denn neben der professionellen Versorgung genießen sie Sozialkontakte und erleben ein abwechslungsreiches, an ihre individuellen Fähigkeiten angepasstes Programm. Zu den typischen Aktivitäten gehören Malen, Singen oder Tanzen, die gemeinsame Vorbereitung von Mahlzeiten, seniorengerechte Bewegungsangebote wie Yoga oder Sitzgymnastik und vieles mehr.

Tipp

Die Tages- und Nachtpflege können Sie zusätzlich zu ambulanten Pflegesachleistungen und/oder zum Pflegegeld in Anspruch nehmen. Das Pflegegeld wird nicht gekürzt.

Ver­hinder­ungs- und Ent­lastungs­pflege – Aus­zeit für An­ge­hörige

Die Pflege von Angehörigen ist anstrengend und teilweise belastend. Daher benötigen pflegende Angehörige Urlaub, um sich zu erholen und zu regenerieren. Außerdem sind Familienmitglieder, die die Pflege von Angehörigen übernehmen, nicht vor Krankheiten gefeit. Eine Grippe oder Rückenbeschwerden können die Pflegeaufgaben unmöglich machen. Hier helfen die Pflegekassen mit der sogenannten Verhinderungspflege. Haben Sie einen Angehörigen mit einem zuerkannten Pflegegrad von 2 bis 5 in seinem häuslichen Umfeld mindestens sechs Monate lang gepflegt, besteht ein Anspruch auf Verhinderungspflege. Bis zu sechs Wochen lang dürfen Sie sich pro Jahr bei der Pflege vertreten lassen. Für die Verhinderungspflege steht pro Jahr ein Betrag von maximal 1.612 Euro zur Verfügung. Das Pflegegeld wird während der Verhinderungspflege weiter gezahlt, die Pflegekasse nimmt allerdings eine Kürzung von 50 Prozent vor. 

Tipp

Sie können zusätzlich 50 Prozent des Betrags für die Kurzzeitpflege, das sind 806 Euro, für die Verhinderungspflege einsetzen. Der Anspruch auf Kurzzeitpflege wird entsprechend gekürzt.

Kurzzeit­pflege – schnelle Hilfe in der Not

Eine weitere Möglichkeit, einen pflegebedürftigen Angehörigen gut versorgt zu wissen, ist die Kurzzeitpflege. Bis zu acht Wochen pro Jahr zahlt die Pflegekasse bei Pflegegrad 2 bis 5 für die vollstationäre Unterbringung in einem Pflegeheim. Wenn Sie die Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen, mindert das den Anspruch auf Verhinderungspflege nicht.

Die kurzzeitige stationäre Versorgung leistet nicht nur bei der Pflege durch Angehörige. Sie ist unter anderem für folgende Situationen gedacht:

  • Nach einem Klinikaufenthalt ist der Betroffene noch nicht in der Lage, sich zu Hause selbstständig zu versorgen, und Angehörige können die Pflege nicht übernehmen.
  • Nach einem Klinikaufenthalt ist die Pflege zeitweise zu kompliziert für die Angehörigen; eine fachkompetente Versorgung ist nötig.
  • Nach einem Klinik- oder Reha-Aufenthalt muss die Wohnung behindertengerecht umgebaut oder ein Heimplatz gefunden werden.
  • Die pflegenden Angehörigen sind aufgrund von Urlaub, Krankheit oder Reha verhindert.
  • Nach einer gesundheitlichen Verschlechterungbei der Pflege durch Angehörige ist eine zeitweise vollstationäre Betreuung in einem Pflegeheim erforderlich.
  • Es wird eine kurzzeitige Überbrückung benötigt, wenn die Angehörigen mit der Pflege körperlich oder seelisch überfordert sind.

Für die Kurzzeitpflege stellt die Pflegekasse pro Jahr einen Betrag von maximal 1.774 Euro zur Verfügung.

Tipp

Sie dürfen den Betrag für die Verhinderungspflege ebenfalls für die Kurzzeitpflege einsetzen. So stehen bei Bedarf jährlich bis zu 3.386 Euro für die kurzzeitige vollstationäre Versorgung im Pflegeheim zu Verfügung.

Hilfs­mittel – leichter pfle­gen und ver­sorgen

Unter Hilfsmitteln verstehen Fachleute Geräte und Produkte, die die häusliche Pflege durch Angehörige erleichtern und die Beschwerden des Pflegebedürftigen lindern. Die Pflegekasse unterscheidet zwischen zwei Produktgruppen:

  • Technische Pflegehilfsmittel: Dazu gehören z. B. Badewannenlifte, Pflegebetten, Lagerungshilfen oder ein Notrufsystem. Pflegebedürftige ab 18 Jahren sind zu einer Zuzahlung in Höhe von 10 Prozent, aber maximal 25 Euro pro Hilfsmittel verpflichtet. Größere Hilfsmittel wie Pflegebetten stellen die Pflegekassen oft leihweise zur Verfügung, dann entfällt die Eigenbeteiligung.
  • Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel: Dazu zählen Produkte wie wasserdichte Einmal-Betteinlagen oder Einmalhandschuhe. Die Kosten dafür erstattet die Kasse monatlich bis zu einem Betrag von 40 Euro.

Ent­lastungs­be­trag – zu­sätz­liche Hilfe sichern

Allen Pflegebedürftigen, auch Betroffenen mit Pflegegrad 1, steht der Entlastungsbetrag von 125 Euro monatlich zur Verfügung. Der Entlastungsbetrag ist dazu gedacht, pflegende Angehörige zu entlasten und die Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen zu fördern. Der Betrag ist zweckgebunden, die Kasse erstattet die durch Beleg nachgewiesenen Kosten, sofern die in Anspruch genommenen Leistungen dem geforderten Zweck entsprechen. Sie können den Entlastungsbetrag unter anderem für Folgendes einsetzen:

  • Verhinderungspflege
  • Tages- und Nachtpflege
  • Pflegesachleistungen (ab Pflegegrad 2 nicht für körperbezogene Pflege wie Duschen oder Baden)
  • Angebote der nach Landesrecht anerkannten Hilfen im Alltag, z. B. stundenweise Betreuung durch ehrenamtliche Helfer, Einkaufshilfe, Begleitung zu Arztbesuchen etc.

Sie müssen den Entlastungsbetrag nicht monatlich verbrauchen. Wenn Sie keine Leistungen in Anspruch nehmen, wächst der zur Verfügung stehende Betrag jeden Monat um 125 Euro, bis am Jahresende die vollen 1.500 Euro zur Verfügung stehen. Dazu werden nicht verbrauchte Beträge in das nächste Jahr übertragen und stehen noch sechs Monate lang zur Verfügung.

Pflege von An­ge­hörigen – las­sen Sie sich be­raten!

Die Entscheidung, ob die Pflege durch Angehörige oder durch einen Pflegedienst im heimischen Umfeld oder in einem Pflegeheim geleistet werden soll, ist nicht leicht. In vielen Bundesländern haben Städte und Gemeinden in Zusammenarbeit mit den Pflegekassen sogenannte Pflegestützpunkte eingerichtet. Einige Kommunen unterhalten ebenso wie Wohlfahrtsverbände wie die AWO, die Caritas oder die Diakonie eigene Büros zur Pflegeberatung. Dort können sich Pflegebedürftige ebenso wie Angehörige umfassend und kostenlos beraten lassen. Denn die spätere Pflege sollte gut geplant sein.