Erb­schaft in Bits und Bytes – so orga­nisieren Sie Ihr digi­tales Erbe

Die Deutschen sind digital vernetzt: Bei den 16- bis 74-Jährigen surfen 95 Prozent im Internet. In den sozialen Medien sind immerhin 49 Prozent aktiv. Doch was passiert mit einem Zugang bei Instagram, Facebook und Co. nach dem Tod? Im Regelfall gilt: Das Nutzerkonto läuft weiter! Bislang kümmert sich lediglich ein Drittel aller User frühzeitig darum, das digitale Erbe zu regeln – wie eine aktuelle Umfrage des Branchenverbandes Bitkom verrät. Hier besteht also Nachholbedarf.

Unser Tipp

Orientierung im Nachlassfall

Was ist digitales Erbe bzw. digitaler Nachlass?

Nutzerkonten bei Mailing-Diensten, Online-Shops oder sozialen Netzwerken stellen ein digitales Erbe dar. Denn diese Daten sind nach dem Ableben eines Users prinzipiell weiter aktiv. Auch online abgeschlossene Verträge müssen nach dem Tod des Vertragsnehmers erfüllt werden – hier sind die Erben in der Pflicht. Ein Facebook-Konto bleibt ohne Zutun der Hinterbliebenen ebenfalls sichtbar, selbst wenn die Timeline schon lange stillsteht. Und private Fotos eines Verstorbenen können jahrelang in der Dropbox ihr Dasein fristen, wenn niemand die Zugangsdaten kennt.

Digitaler Nach­lass – Check­liste erstellen

Um ihr digitales Erbe zu ordnen, sollten Online-Nutzer vorausschauend eine Übersicht ihrer kompletten Internet-Aktivitäten erstellen. Dabei kommen oft mehr Zugänge zusammen, als man denkt. Dazu gehören:

  • E-Mail-Accounts
  • Shopping-Accounts
  • Newsletter-Anmeldungen
  • Profile bei sozialen Netzwerken, Dating-Plattformen und Foren
  • Online-Banking-Konten
  • Online-Bezahldienste (giropay etc.)
  • Accounts bei Foto-, Video- und Musikstreaming-Diensten
  • Konten bei Entertainment-Services inklusive kostenpflichtiger Premium-Mitgliedschaften
  • eigene Blogs und Abos

Für Dritte nicht einsehbar, aber im Todesfall auffindbar, sollten Sie zu jedem Account die Log-in-Daten notieren. Ein digitaler Nachlass umfasst im Regelfall die E-Mail-Adresse, den Nutzernamen und das Passwort. Noch einfacher machen Sie es sich mit einem Passwortmanager. Dann benötigt Ihre Vertrauensperson nur ein Masterpasswort, um auf alle Zugangsdaten zugreifen zu können. Nennen Sie in einem zusätzlichen handgeschriebenen Dokument einen oder mehrere Bevollmächtigte (Vor- und Zuname, Adresse, am besten auch Geburtsdatum), der/die sich dann später um die digitalen Zugänge kümmern darf/dürfen. Wichtig ist zudem, dass im Dokument die Formulierung „auch über meinen Tod hinaus“ steht.

Tipp

Die Vollmacht für ein digitales Erbe lässt sich auch schon zu Lebzeiten einsetzen – zum Beispiel, wenn der User schwer erkrankt und eine Vertrauensperson sich um die Online-Accounts kümmern soll.

G­ehört der In­halt eines digi­talen Accounts den Er­ben?

Ja, da Verträge mit sozialen Netzwerken generell Teil des Erbes sind. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Jahr 2018 ein entsprechendes Urteil (Az. III ZR 183/17) gefällt und bestätigt, dass Erben den Zugriff zu Social-Media-Accounts der verstorbenen Person erhalten dürfen – einschließlich Kommunikationsinhalten (zum Beispiel Chatverläufe auf Facebook).

Was pas­siert mit meinem digi­talen Erbe nach meinem Tod?

Der digitale Nachlass ist vergleichbar mit anderen Erbgegenständen wie einer Immobilie oder Bargeld. Deshalb gehen die digitalen Daten – wie alles andere Vermögen – auf eine oder mehrere Personen über. Das Problem dabei ist: Der Nachlass im Internet kann sehr unbequem werden, beispielsweise, wenn kostenpflichtige Abonnements weiterlaufen. Umso wichtiger ist es daher, einen digitalen Nachlass zu regeln.

Wie sollte ich mein digitales Erbe regeln?

Die Liste aller Accounts und die Vollmacht sind – eigenhändig unterschrieben und mit einem Datum versehen – am besten zusammen mit dem Testament aufzubewahren. Am sichersten lagern diese Dokumente bei einem Notar. Wichtig: Sobald sich ein Passwort ändert oder ein weiterer Account eröffnet wird, sollte Ihr digitaler Nachlass aktualisiert werden. Als praktischer erweist es sich daher, wenn Sie zum Beispiel die Zugangsdaten auf einem USB-Stick speichern oder einen Passwortmanager nutzen.

Hinterbliebene bzw. eine Vertrauensperson (als „digitaler Nachlassverwalter“), die diese Übersichten in die Hand bekommen, können dann zum Beispiel die hinterlegten Dateien aus der Cloud herunterladen, offene Rechnungen prüfen und gegebenenfalls noch bezahlen sowie sämtliche Services löschen.

Tipp

Ein Fachanwalt für Erbrecht kann Ihnen dabei helfen, Ihr digitales Erbe zu verwalten und die richtigen Vorkehrungen zu treffen. Das ist empfehlenswert, wenn beispielsweise Urheberrechte an Ihren Inhalten betroffen sind oder Sie andere spezielle Fragen haben.

Wie bekomme ich als Erbe Zugriff auf die digitalen Konten?

Im Idealfall hat Ihnen der Verstorbene eine Liste mit Zugangsdaten hinterlassen. Andernfalls müssen Sie sich direkt an den Online-Anbieter wenden. Die meisten Anbieter haben inzwischen einen speziellen Link eingerichtet, damit Erben den digitalen Nachlass verwalten oder löschen können. Oft lassen sich hier auch verkürzte Sonderkündigungsfristen nutzen. Es kann allerdings sein, dass Betreiber von Onlineportalen einen Nachweis über den Todesfall haben möchten, auch ein digitaler Nachlass erfordert oft eine Sterbeurkunde. Bei vielen Online-Anbietern dürfen Nutzer selbst über ihr digitales Erbe bestimmen. So lässt sich zum Beispiel bei Facebook festlegen, ob sich im Todesfall eine Vertrauensperson um den Account „im Gedenkzustand“ kümmern soll (das Profil ist noch sichtbar und Lesende können Beileidsbekundungen abgeben) – oder aber ob er komplett gelöscht wird. In letzterem Fall werden die hinterlegten Bilder und Nachrichten dann innerhalb einer bestimmten Frist entfernt.

Bit­coins, Bü­cher, Blogs: digi­taler Nach­lass bei Ver­mögens­werten

Digitaler Nachlass betrifft auch Spiele-, Musik-, Film- und Buchdateien, die von einer Person im Laufe der Jahre im Internet erworben wurden. Diese können unter Umständen einen erheblichen Wert haben. In den meisten Fällen regeln die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Anbieter, dass im Todesfall die Nutzungsrechte an den Dienstbetreiber zurückfallen (zum Beispiel bei iTunes) – schließlich sind die heruntergeladenen Daten an ein bestimmtes Nutzerkonto gebunden.

Noch nicht im deutschen Erbrecht geregelt ist jedoch der folgende Fall des digitalen Erbes: Erbt ein Hinterbliebener zum Beispiel ein Tablet oder einen E-Book-Reader und das Gerät ist noch beim Online-Dienst angemeldet, kann er auch auf die gespeicherten Daten zurückgreifen – und zum Beispiel Musik hören, Filme ansehen oder E-Books lesen.

Auch weitere Spezialfälle im Bereich digitaler Nachlass sind noch nicht einwandfrei geregelt: Was ist zum Beispiel, wenn der Verstorbene einen erfolgreichen Blog im Internet hatte? Wem gehören die Rechte an Texten und Bildern? Wie verhält es sich mit eventuellen Werbeeinnahmen? Und was passiert mit digitaler Währung wie Bitcoins nach dem Tod, wenn der Private Key verschwunden ist?

Tipp

Solange die rechtlichen Aspekte des digitalen Erbes noch nicht eindeutig geklärt sind, sollten Online-Nutzende ihr Testament um diese Punkte ergänzen und dezidiert auflisten, an wen das digitale Vermögen im Todesfall gehen soll.

Finger weg von dubiosen Online-Dienstleistern

Da das Thema digitaler Nachlass immer mehr an Bedeutung gewinnt, gibt es mittlerweile auch spezielle Unternehmen, die im World Wide Web die Abwicklung des digitalen Erbes anbieten. Auch wenn sicherlich nicht alle Anbieter zu den schwarzen Schafen gehören, weist die Verbraucherzentrale darauf hin, wie schwer es ist, die Seriosität dieser Anbieter zu überprüfen. Zudem rät sie unbedingt davon ab, externen Dienstleistern private Passwörter zu überlassen. Der digitale Nachlass ist und bleibt Sache der Erbenden. Mit den beschriebenen Tipps können Internet-Nutzende aber dafür sorgen, dass ein digitales Erbe nicht zur Bürde aus Bits und Bytes wird.