11 Fakten zur Erwerbsminderungsrente

In Deutschland beziehen knapp zwei Millionen Menschen eine Erwerbsminderungsrente. Diese fängt Arbeitnehmer auf, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Das ist beruhigend, denn im Schnitt tritt die Erwerbsunfähigkeit mit rund 52,8 Jahren bei Frauen und 53,8 Jahren bei Männern lange vor dem Eintritt in die Altersrente ein (Stand 2020). Damit der Antrag bewilligt wird, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Hier finden Sie Antworten auf die elf häufigsten Fragen zur Erwerbsminderungsrente.

Hohe Hürden und niedrige Renten

Um eine Erwerbsminderungsrente von der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten, müssen Versicherte hohe Hürden überwinden. Knapp 50 Prozent der rund 350.000 pro Jahr gestellten Anträge werden abgelehnt. Dazu sind die Leistungen eher ein Tropfen auf den heißen Stein als eine echte Absicherung des Lebensunterhalts. Im Durchschnitt erhalten Erwerbsminderungsrentner 869 Euro monatlich ausgezahlt.

1. Welche rechtlichen Voraussetzungen gelten?

Damit Sie Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente haben, müssen Sie bestimmte Vorversicherungszeiten nachweisen. Die Rentenkasse bewilligt einen Antrag nur, wenn folgende versicherungsrechtliche Bestimmungen erfüllt sind:

  • Sie haben die Regelaltersgrenze für die Auszahlung der Altersrente noch nicht erreicht.
  • Sie erfüllen die sogenannte Wartezeit. Eine Erwerbsminderungsrente erhalten ausschließlich Versicherte, die mindestens fünf Jahre lang Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Der Versicherungsträger erkennt für diese Wartezeit auch den Bezug von Arbeitslosengeld 1 oder Elterngeld an. Kindererziehungs- und Pflegezeiten sowie weitere Zeiten fließen ebenfalls in die Berechnung ein.
  • In den letzten fünf Jahren vor Antragsstellung waren Sie mindestens drei Jahre lang in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert. Die drei Jahre müssen nicht zusammenhängend erfüllt werden, sondern dürfen gestückelt sein.

2. Welche medizinischen Voraussetzungen gelten?

Für die Erwerbsminderungsrente müssen Sie infolge eines Unfalls oder einer Erkrankung dauerhaft nicht mehr arbeiten können. In einem ersten Schritt versucht der Versicherungsträger, Ihre Arbeitsfähigkeit über Rehabilitationsmaßnahmen oder Wiedereingliederungspläne zu verbessern. Gelingt das nicht, wird geprüft, ob und in welchem Umfang Sie noch arbeiten können.

3. Was sind die volle und die teilweise Erwerbsminderungsrente?

Für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente ist es unerheblich, ob Sie Ihren originären Beruf noch ausüben können. Es zählt nur, ob und wie lange Sie überhaupt einer Arbeit nachgehen können. Wer beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr schwer körperlich arbeiten kann, erhält keine Rente, wenn weiterhin eine leichte Tätigkeit möglich ist. Falls der Berufswechsel starke Gehaltseinbußen bedeutet, tragen Sie die Einkommensverluste allein.

  • Die volle Erwerbsminderungsrente erhalten Sie, wenn Sie nicht mehr als drei Stunden täglich arbeiten können.
  • Sind Sie fähig, mehr als drei, aber weniger als sechs Stunden einer Tätigkeit nachzugehen, erhalten Sie eine teilweise Erwerbsminderungsrente.

Vertrauensschutz für ältere Versicherte

Die Erwerbsminderungsrente ersetzt seit dem Jahr 2000 das bis dahin zweigliedrige System aus Berufsunfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitsrente. Versicherte, die vor dem 02. Januar 1962 geboren worden sind, genießen Vertrauensschutz. Sie erhalten die teilweise Erwerbsminderungsrente, wenn sie nicht mehr als sechs Stunden täglich in ihrem erlernten oder einem gleichwertigen Beruf arbeiten können. Gleichwertig sind Berufe, die eine ähnliche Qualifikation, ein entsprechendes soziales Ansehen und ein gleichwertiges Einkommen sichern.

Tipp

Ein gesundheitsbedingter Berufswechsel in einen schlechter bezahlten Job gefährdet den Lebensstandard. Sichern Sie sich privat über eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab.

4. Gibt es die Erwerbsminderungsrente bis zur Altersrente?

In der Regel wird Ihr Antrag auf Erwerbsminderungsrente nur befristet bewilligt. Am Ende des Zeitraums prüft die Rentenversicherung erneut, ob die Erwerbsunfähigkeit oder -minderung weiterhin besteht. Lediglich bei Antragsstellern, die weniger als drei Stunden arbeitsfähig sind und bei denen keine Aussicht auf Besserung des Zustands besteht, ist eine unbefristete Bewilligung möglich. Dann endet der Bezug der Erwerbsminderungsrente mit dem Eintritt in die Altersrente.

5. Erfolgt die erneute Prüfung automatisch?

Nein. Die Überprüfung beantragen Sie selbstständig. Das Verfahren nimmt einige Zeit in Anspruch. Werden Sie daher rechtzeitig – spätestens sechs Monate vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes – aktiv. So stellen Sie sicher, dass die Erwerbsminderungsrente ohne Unterbrechungen auf Ihr Konto fließt.

 

6. Wie wird die Höhe der Erwerbsminderungsrente berechnet?

Wie hoch die Erwerbsminderungsrente ausfällt, hängt von Ihren bisher erworbenen Rentenpunkten, dem aktuellen Rentenwert und dem Rentenartfaktor ab.

Die Formel für die Erwerbsminderungsrente lautet:

Entgeltpunkte x Rentenwert x Rentenartfaktor = Höhe der monatlichen Zahlung
Die volle Erwerbsminderungsrente ist doppelt so hoch wie die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

 

Tipp

Auch Erwerbsminderungsrentner dürfen sich freuen, wenn die Renten steigen. Denn Sie erhalten dann ebenso wie Altersrentner mehr Geld.

7. Wie erfahre ich, wie hoch meine Ansprüche sind?

Jedes Jahr versendet die Deutsche Rentenversicherung eine Renteninformation. In diesem Schreiben erfahren Sie nicht nur, wie hoch Ihre Altersrente ausfallen wird, wenn Sie weiterhin in gleichem Maß verdienen. Die Versicherung führt auch auf, welche Ansprüche zur Erwerbsminderungsrente Sie bisher erworben haben.

8. Gibt es bei der Erwerbsminderungsrente Abschläge?

Wer frühzeitig eine Erwerbsminderungsrente beansprucht, muss ebenso Abschläge hinnehmen wie Altersrentner, die vorzeitig in den Ruhestand gehen.

  • Für jeden Monat, den Sie früher einen Rentenantrag stellen, fällt ein Abschlag von 0,3 Prozent der Rentensumme an.
  • Der Abschlag ist auf maximal 10,8 Prozent begrenzt.
  • 2022 erhalten nur Versicherte eine ungekürzte Erwerbsminderungsrente, wenn sie bei der Antragsstellung mindestens 64 Jahre und acht Monate alt sind.
  • Bis 2024 verschiebt sich der Wert für die abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente auf 65 Jahre.

9. Wo beantrage ich die Erwerbsminderungsrente?

Den Antrag für die Erwerbminderungsrente stellen Sie bei Ihrem Rentenversicherungsträger. Dort prüfen die Mitarbeiter jeden Antrag gründlich. Rechnen Sie mit einer Bearbeitungszeit von bis zu einem Jahr. Dazu kommt, dass viele Anträge beim ersten Mal abgelehnt werden.

Tipp

Lehnt der Versicherungsträger Ihren Rentenantrag ab, ist es wichtig, innerhalb eines Monats Widerspruch einzulegen. Die Begründung dürfen Sie nachreichen.

10. Dürfen Erwerbsminderungsrentner etwas dazuverdienen?

Grundsätzlich dürfen Sie Ihre Erwerbsminderungsrente aufbessern. Allerdings gelten Hinzuverdienstgrenzen.

  • Bezieher einer vollen Erwerbsminderungsrente dürfen pro Kalenderjahr 6.300 Euro verdienen. Das entspricht 525 Euro pro Monat.
  • Grenzwert ist immer der Jahresbetrag. Es ist möglich, in einigen Monaten nichts oder wenig und in anderen mehr einzunehmen. Allerdings darf die tägliche Arbeitszeit drei Stunden nicht überschreiten.
  • Bei einer teilweisen Erwerbsminderung geht der Gesetzgeber davon aus, dass Sie weiterhin in Teilzeit arbeiten.
  • Die maximale Hinzuverdienstgrenze orientiert sich an Ihrem höchsten Einkommen der letzten 15 Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung und wird individuell festgelegt.
  • Aktuell dürfen Bezieher einer teilweisen Erwerbsminderungsrente mindestens 15.989,40 Euro hinzuverdienen. Mit höherem früherem Einkommen steigt der Wert. (Stand: 2022)

Honorare, etwa für ein Ehrenamt, fließen ebenfalls in die Einkommensberechnung mit ein. Lassen Sie sich daher Ihre persönliche Zuverdienstgrenze von der Rentenversicherung mitteilen. Erfragen Sie dabei auch die maximale tägliche Arbeitszeit.

11. Beeinflusst die Erwerbsminderungsrente die Höhe der Altersrente?

Wenn Sie eine Erwerbsminderungsrente beziehen, zahlen Sie nicht mehr in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Damit Sie nicht unter späterer Altersarmut leiden, führt die Versicherung Ihr Rentenkonto so fort, als würden Sie weiter in der bisherigen Höhe einzahlen.

Diese sogenannte Zurechnungszeit endet für alle, die ihren Antrag auf Erwerbsminderungsrente vor 2018 gestellt haben, mit Erreichen des 62. Lebensjahres. Für alle Antragssteller seit 2018 wächst die Zurechnungszeit kontinuierlich weiter, schließlich steigt auch die Regelaltersgrenze stetig.

Privat vorsorgen ist empfehlenswert

Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente ist eine gute Basisversorgung. Allerdings sichert sie nicht Ihren gewohnten Lebensstandard. Im Schnitt erhalten Versicherte Leistungen auf dem Niveau der Grundsicherung. Daher ist es wichtig, selbst für den Fall der Fälle vorzusorgen und sich und Ihre Familie zusätzlich abzusichern.