Was macht eigentlich ein Nachlassgericht?

Die meisten Einwohner Deutschlands kommen zum ersten Mal in ihrem Leben in Kontakt mit dem Nachlassgericht, wenn ein Angehöriger stirbt und sie etwas erben. Doch diese spezielle Abteilung des Amtsgerichts leistet erheblich mehr: Sie ist zuständig für alle Belange rund um den Tod eines Menschen und seinen Nachlass. Warum das Nachlassgericht bereits zu Lebzeiten hilfreich und wichtig sein kann, erklären wir hier.

Was ist das Nachlassgericht?

Wie das Familiengericht ist das Nachlassgericht eine spezialisierte Abteilung des Amtsgerichts. Unter die Zuständigkeit dieses Gerichts fallen sämtliche rechtlichen Angelegenheiten nach dem Tod eines Menschen. Allerdings unterstützt Sie das Nachlassgericht auch dabei, Vorkehrungen für das Erbe zu treffen. Zu seinen Aufgaben zählen:

  • die Verwahrung von Testamenten
  • die Testamentseröffnung und Eröffnung von Erbverträgen
  • die Ernennung von Testamentsvollstreckern und deren Entlassung
  • die Erbscheinerteilung
  • die Entgegennahme von Erklärungen über die Erbausschlagung
  • die Bestellung eines Nachlasspflegers
  • andere erbrechtliche Regelungen

Die Testamentsverwahrung beim Nachlassgericht

Mit einem Testament bringen Sie Ihren Willen über den Tod hinaus zum Ausdruck und bestimmen, wie Sie Ihr Erbe verteilen möchten. Dabei ist es allerdings unerlässlich, dass das Dokument nach Ihrem Ableben auch gefunden wird. Viele Verbraucher bewahren ihren Letzten Willen bei den wichtigen Versicherungsunterlagen auf, damit die Angehörigen diesen zeitnah finden.

Tipp

Gut zu wissen: Wer ein Testament findet und erfährt, dass der Erblasser verstorben ist, ist verpflichtet, dieses bei einem Nachlassgericht abzugeben.

Absolute Sicherheit, dass Ihr Testament bekannt ist und vom zuständigen Nachlassgericht eröffnet wird, erhalten Sie durch die Testamentsverwahrung. Jeder Bürger hat die Möglichkeit, seinen Letzten Willen beim Nachlassgericht an dem für ihn zuständigen Amtsgericht zur Verwahrung abzugeben: Dabei gilt:

  • Sie benötigen das selbst verfasste und eigenhändig unterschriebene Testament, Ihren Personalausweis und Ihre Geburtsurkunde.
  • Die Verwahrung des Testaments löst eine einmalige Gebühr in Höhe von 75 Euro aus, das gilt auch für gemeinschaftlich erstellte Verfügungen von Ehegatten.
  • Das Nachlassgericht meldet das Vorliegen einer letztwilligen Verfügung automatisch an das Zentrale Testamentsregister bei der Bundesnotarkammer und an Ihr Geburtsstandesamt.

Hat ein Notar Ihr Testament erstellt, meldet dieser obligatorisch das Vorliegen an das Zentrale Testamentsregister.

Tipp

Sie haben jederzeit die Möglichkeit, Ihr Testament aus der Verwahrung zu nehmen. Notariell beglaubigte Dokumente werden dadurch ungültig, selbst verfasste Testamente dagegen behalten ihre Gültigkeit. 

Bei einem Sterbefall unterrichten die Standesämter das Zentrale Testamentsregister, dieses wiederum informiert das zuständige Nachlassgericht über das Vorliegen eines entsprechenden Testaments. So stellen Sie über die Testamentsverwahrung des Nachlassgerichts sicher, dass Ihr Testament bekannt ist und Ihr Wille bei der Verteilung der Erbschaft berücksichtigt wird. Die Zuständigkeit bei der Testamentsverwahrung richtet sich nach Ihrem Wohnort zum Zeitpunkt der Abgabe.

Die Zuständigkeit des Nachlassgerichts

Welches Nachlassgericht für ein Anliegen zuständig ist, hängt ab von der jeweiligen Aufgabe, die es übernehmen soll.

Testamentseröffnung

Das Testament eines Erblassers eröffnet gemäß § 343 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) das Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Verstorbene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Das bedeutet, auch wenn der Erblasser im Krankenhaus in einer anderen Stadt verstirbt, ist das Nachlassgericht am Amtsgericht seines Wohnorts zuständig. Tritt der Tod im Ausland ein (z. B. nach einer Auswanderung), liegt die Zuständigkeit bei dem Nachlassgericht, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte.

Tipp

Ist kein örtliches Nachlassgericht zuständig, fällt die Zuständigkeit automatisch an das Amtsgericht Schöneberg in Berlin, wenn entweder der Erblasser Deutscher ist oder sich die Erbsachen in Deutschland befinden.

Hat der Verstorbene ein Testament hinterlassen, fällt es dem Nachlassgericht meist leicht, die Erben zu ermitteln. Bei Erblassern ohne eine Verfügung über den Letzten Willen ist es schwieriger. In diesem Fall gilt die gesetzliche Erbfolge. Da Menschen immer älter und mobiler werden und Scheidungen keine Seltenheit mehr sind, kann es komplizierter sein, alle erbberechtigten Angehörigen zu ermitteln. In einem solchen Fall betraut das Gericht einen Nachlasspfleger mit der Aufgabe, alle Erben zu finden.

Zuständigkeit bei der Ausstellung von Erbscheinen

Grundsätzlich stellt das Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, Erbscheine aus. Allerdings leben viele Erben heute weit entfernt von den älteren Angehörigen. Daher können Erben einzeln oder gemeinsam im Rahmen der Rechtshilfe den Antrag auf die Erteilung eines Erbscheins auch am Nachlassgericht des eigenen Wohnorts stellen. Dieses nimmt alle erforderlichen Angaben und Unterlagen entgegen und leitet sie weiter. Ebenso ist es möglich, einen Notar damit zu beauftragen, den Erbschein ausstellen zu lassen.

Die Ausschlagung des Erbes

Nicht immer hat das Nachlassgericht gute Nachrichten. Denn Erben übernehmen nicht nur die Vermögenswerte des Verstorbenen, sie treten auch für Schulden ein. Das bedeutet, eine Erbschaft kann zur Belastung werden. Dann ist das Nachlassgericht der richtige Ansprechpartner: Nachdem Sie von der Erbschaft erfahren haben, haben Sie sechs Wochen Zeit, diese auszuschlagen. Lebten Sie oder der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes im Ausland, verlängert sich die Frist auf sechs Monate ab Kenntnisnahme. Wenn Sie das Erbe ausschlagen, sind Sie rechtlich so gestellt, als ob die Erbschaft niemals angefallen wäre. Ihnen steht also kein Vermögen des Erblassers zu, und auch für seine Verbindlichkeiten stehen Sie nicht ein.

Tipp

Experten empfehlen, sich rechtzeitig mit dem eigenen Letzten Willen auseinanderzusetzen und das Testament beim Nachlassgericht zu hinterlegen. Das entlastet die Hinterbliebenen und setzt Ihren Willen über den Tod hinaus durch.