Schulden erben: Wenn das Erbe zur finanziellen Belastung wird

Der Tod von Verwandten oder von nahestehenden Menschen ist immer auch ein Trauerfall und eine psychische Belastung für die Angehörigen. Die Nachlassverwaltung und manchmal sogar das Erbe stellen in dieser Zeit oft eine zusätzliche Erschwernis dar. Wichtig ist in diesem Kontext: Verstorbene können auch ihre Schulden vererben. Was ist also zu beachten, bevor Sie ein Erbe antreten oder ausschlagen, damit Sie nicht selbst in die Schuldenfalle geraten? Und welche Fristen sind einzuhalten?

Welche Schulden ein Erbe beinhalten kann und wie Sie damit umgehen

Marode Immobilien, Kredite, Bürgschaften: Wenn ein Mensch stirbt, hinterlässt er mitunter keine Reichtümer, sondern finanzielle Verbindlichkeiten. Für diese kommen entsprechend der gesetzlichen Erbfolge oder nach Inkrafttreten eines Testaments die Erben auf. Wer eine Erbschaft annimmt, muss also damit rechnen, dass dieses mit Rückzahlungsverpflichtungen gegenüber den Gläubigern des Erblassers verbunden ist.

Dabei sollte stets bedacht werden, dass Rückzahlungsverpflichtungen keineswegs vor dem Vermögen des Erben haltmachen. Das Gegenteil ist der Fall: Für Schulden haften Erben mit ihrem gesamten Privatvermögen. Sie sollten also genau prüfen, ob es sinnvoll sein kann, das Erbe auszuschlagen. Das gilt vor allem dann, wenn Sie bereits selbst verschuldet sind.

Die Entscheidung für oder gegen die Erbschaft muss innerhalb von sechs Wochen gefällt werden und gilt immer für das gesamte Erbe. Das heißt, wenn Sie das Erbe ausschlagen, entfällt ebenfalls der Ihnen gesetzlich zustehende Pflichtteil. Eine weitreichende Entscheidung, die Sie erst fällen sollten, wenn Sie sich genauestens über die finanziellen Verhältnisse des Verstorbenen informiert haben.

Schulden erben: Zunächst das finanzielle Risiko abschätzen

Fluch oder Segen? Diese Frage gilt es zu klären, bevor Sie einen Nachlass ausschlagen. Sobald Sie von dem Erbe erfahren, sollten Sie sich deshalb möglichst zügig bei Ämtern und Banken einen Überblick über Schulden und Vermögen des Erblassers verschaffen. Dazu gehört es, sich über die Kontoverhältnisse des Verstorbenen sowie über seine wertvollen Besitztümer, Immobilien und Grundstücke zu informieren.

Lassen Sie bei der Gegenüberstellung von Soll und Haben neben Zahlungsrückständen, Bürgschaften und ähnlichen Schulden die finanziellen Verpflichtungen nicht außer Acht, die sich aus dem Tod des Erblassers ergeben. Bestattung, Nachlassverwaltung, Testamentsöffnung, Ausstellung von Bescheinigungen und Notar: Mitunter kommen beachtliche Summen zusammen, die von Ihnen beglichen werden müssen. Wenn es sich zeigt, dass die Erbschaft überschuldet ist, ist es ratsam, das Erbe auszuschlagen.

Erbe ausschlagen: Das sollten Sie bedenken

  • Privatinsolvenz: Wenn Sie zum Zeitpunkt des Erbfalls in der Privatinsolvenz befinden, hat der Insolvenzverwalter in der Wohlverhaltensperiode einen Anspruch auf die Hälfte der Erbschaft.
  • Verschuldung: Mit dem geerbten Vermögen können möglicherweise eigene Schulden beglichen werden. Hier gilt es abzuwägen, ob Sie die Erbschaft annehmen und Ihren Gläubigern geben oder lieber darauf verzichten wollen.
  • Immobilien: Ein geerbtes Haus oder Grundstück ist der Traum vieler Menschen. Doch in einem solchen Objekt können erhebliche Zusatzkosten versteckt sein, zum Beispiel, wenn es sanierungsbedürftig oder nicht abbezahlt ist. Im Zweifelsfall ist es ratsam, die Immobilie zu verkaufen oder das Erbe auszuschlagen.

Wichtige Themen schon zu Lebzeiten klären: Erbfolge und Vollmachten

Bei der Vererbung von Schulden findet die gesetzliche Erbfolge Anwendung. Falls der nächste direkte Angehörige das Erbe und damit die Schulden des Verstorbenen ausschlägt, geht das Erbe an den nächsten Verwandten weiter. Sollte beispielsweise der Ehemann versterben und die Ehefrau das Erbe ablehnen, sind die Kinder des Ehepaares für die Schulden verantwortlich.

Geldinstitute verlangen, bevor sie Auskünfte über die Kontoverhältnisse des Verstorbenen erteilen, in der Regel einen Nachweis dafür, dass Sie Erbe sind. Sie sollten deshalb die Sterbeurkunde vorlegen können. Um Probleme und Missverständnisse von vornherein auszuschließen, sind zu Lebzeiten ausgestellte Konto- oder Vorsorgevollmachten zu empfehlen.

Erbengemeinschaften

Was aber geschieht, wenn nicht ein Alleinerbe, sondern mehrere Parteien für das Erbe infrage kommen? In diesem Fall sind alle Beteiligten gemeinsam für das Erbe verantwortlich. Alle Parteien gelten als Gesamtschuldner bzw. Erbengemeinschaft, und zwar auch dann, wenn das Erbe für die jeweiligen Parteien unterschiedlich groß ausfällt. Gläubiger haben das Recht, die Schulden bei jedem Angehörigen der Erbengemeinschaft einzufordern. Dabei kann der Gläubiger sich direkt an alle Parteien oder an einen einzelnen Erben wenden. Dieser ist zunächst verpflichtet, die Schulden zu begleichen, kann aber seinerseits von den Miterben deren Anteil zur Schuldentilgung einfordern. Die Erbengemeinschaft ist eine Zwangsgemeinschaft – allerdings haben die einzelnen Erben auch hier die Möglichkeit, innerhalb der gesetzlichen Frist von ihrem Teil der Erbschaft zurückzutreten.

Erbe ausschlagen: So geht‘s

Als Erbe müssen Sie selbst aktiv werden und das Nachlassgericht über Ihre Entscheidung innerhalb der Sechs-Wochen-Frist informieren. Diese beginnt in der Regel mit dem Todestag des Erblassers. Eine Fristverlängerung ist in seltenen Fällen möglich, zum Beispiel, wenn Erbe oder Erblasser im Ausland lebten.

Wenn Sie das Erbe ausschlagen, müssen Sie dies schriftlich mittels einer Ausschlagungserklärung beim Gericht kundtun – und zwar persönlich. Dafür zuständig ist das Amtsgericht des Bezirks, in dem der Erblasser zuletzt gewohnt hat. Alternativ können Sie das Nachlassgericht Ihres Wohnorts aufsuchen. Für die Erstellung der Ausschlagungserklärung empfiehlt es sich, einen Notar hinzuzuziehen.

Schulden vererben muss nicht sein

Sie wollen Ihren Kindern keinen Schuldenberg hinterlassen? Schon zu Lebzeiten können Sie mit Ihren Kindern oder anderen gesetzlichen Erben durch den sogenannten Erbverzicht verhindern, dass Sie Schulden vererben. Durch Unterzeichnung eines solchen Vertrags verzichten die Erben auf das ihnen zustehende Erbrecht. Der Vertrag bedarf der notariellen Beurkundung und kann nur zu Lebzeiten des Erblassers aufgehoben oder verändert werden.

Wenn Schulden durch Erbverzicht oder Ausschlagung nicht vererbt werden, fällt der überschuldete Nachlass dem Staat zu. Er begleicht, soweit möglich, die ausstehenden Zahlungsverpflichtungen mit dem Vermögen des Verstorbenen. Für übrig gebliebene Schulden kommt der Staat jedoch nicht auf.