Wann ist eine Nach­lass­ver­waltung sinn­voll?

Erbschaften sind nicht selten eine komplizierte Angelegenheit – vor allem dann, wenn mehrere Erben beteiligt sind und die Erbmasse zunächst unübersichtlich erscheint. Damit die Aufteilung des Vermögens dennoch fair gelingt und Sie dabei keine teuren Fehler machen, kann es sinnvoll sein, eine Nachlassverwaltung zu beauftragen. Doch wann lohnt sich dieser Service möglicherweise für Ihre Erbengemeinschaft und welche Aufgaben erfüllt ein Nachlassverwalter? Machen Sie sich jetzt schlau!

Tipp

Geld zeitgemäß anlegen

Große Ver­mögen – Deu­tsche er­ben im­mer mehr

In Deutschland haben Erblasser einiges an Vermögen zu vererben: Das voraussichtliche Erbschaftsvolumen für den Zeitraum zwischen 2015 und 2024 beläuft sich schätzungsweise auf 3,07 Billionen Euro . Wenn es um die Verteilung von Erbschaften geht, herrscht tatsächlich eine beträchtliche Ungleichheit über die sozialen Schichten hinweg vor: Vermögende erben oftmals deutlich mehr – die obersten zwei Prozent der Begünstigten beanspruchen etwa ein Drittel der Hinterlassenschaften in Deutschland.

Doch nicht immer erwartet die Erben ein Geldsegen, mancher Erblasser hat sich zu Lebzeiten überschuldet. Wie viel vom Vermögen bleibt, ist für die Erbengemeinschaft häufig nicht sofort ersichtlich – hier kommt ein Nachlassverwalter ins Spiel.

Wann brauche ich einen Nach­lass­ver­walter?

Für Erben stellt sich generell immer die Frage, ob sie das Erbe annehmen oder ausschlagen möchten.

Erb­lasser ver­schuldet?

Eine Ausschlagung ist nur binnen sechs Wochen möglich. Wenn Ihnen ein Verstorbener mehr Schulden als Vermögen hinterlässt, birgt die Erbschaft in aller Regel ein finanzielles Risiko: Für Schulden des Erblassers müssen Sie mit Ihrem Privatvermögen aufkommen, wenn der Nachlass nicht ausreicht. Deshalb sind Sie in diesem Fall besser damit beraten, das Erbe auszuschlagen.

Ver­mögens­situation un­klar?

Mitunter ist für Hinterbliebene die Entscheidung jedoch schwierig, da sie die finanzielle Situation des Verstorbenen nicht kennen. Wenn Sie auch nur den leisesten Verdacht hegen, bestellen Sie lieber einen Nachlassverwalter. Die Nachlassverwaltung klärt für Sie, wie es um die Finanzen des Erblassers bestellt ist und bewahrt Sie gegebenenfalls vor teuren Konsequenzen.

Jetzt kommt ein wichtiger Punkt:

  • Sobald eine Nachlassverwaltung bestellt ist, haften Sie nicht mehr persönlich mit Ihrem Privatvermögen für die Schulden der verstorbenen Person – selbst dann, wenn Sie das Erbe angetreten haben.
  • Die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten beschränkt sich allein auf den Nachlass. Falls am Ende noch Vermögenswerte verbleiben, können Sie diese für sich beanspruchen.
  • Wenn Sie dagegen das Erbe von vornherein ausschlagen, verlieren Sie Ihr Erbrecht – und damit auch die Aussicht auf eventuelles Vermögen.

Wer kann eine Nach­lass­ver­waltung be­an­tragen?

Das zuständige Nachlassgericht bestellt einen geeigneten Nachlassverwalter, sowohl die Erben als auch Nachlassgläubiger können dafür schriftlich einen Antrag stellen.

  • Erben: Der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft richtet den Antrag auf Nachlassverwaltung an das Nachlassgericht. Dies ist nur möglich, solange der Nachlass noch nicht geteilt ist. Nennen Sie in Ihrem Schreiben neben Ihren persönlichen Angaben auch den Grund: z. B., wenn der Nachlass unübersichtlich ist und Schulden enthält.
  • Nachlassgläubiger: Die Personen, die gegenüber dem Erblasser noch Forderungen haben, dürfen eine Nachlassverwaltung nur bei berechtigten Gründen beantragen – das heißt, falls sie sonst keine Möglichkeit haben, an ihr Geld zu kommen.

Das Gericht entscheidet darüber, wer sich als Nachlassverwalter eignet und dazu befähigt ist. Die Erben können alternativ eine Person vorschlagen (z.B. einen Rechtsanwalt für Erbrecht), sie dürfen diese Aufgabe allerdings nicht selbst übernehmen.

Tipp

Eine Erbengemeinschaft muss den Antrag stellen, ehe der Nachlass verteilt wird. Nach abgeschlossener Aufteilung des Vermögens ist es nicht mehr möglich, einen Nachlassverwalter zu bestellen.

Was re­gelt ein Nach­lass­ver­walter?

Als Nachlassverwalter sind meist unabhängige Anwälte oder Notare tätig. Ihnen kommt die wichtige Aufgabe zu, den Nachlass einer verstorbenen Person übersichtlich zu ordnen und zu verwalten. Dazu gehören Geldvermögen, Wertgegenstände und Immobilienbesitz ebenso wie noch bestehende Schulden und Verbindlichkeiten. Denn bevor die Hinterbliebenen an ihr Erbe kommen, sind eventuelle Nachlassgläubiger an der Reihe.

Auf­gaben, Befug­nisse und Pflich­ten der Nach­lass­ver­waltung

Der bestellte Nachlassverwalter erledigt verschiedene Aufgaben, die je nach Situation anfallen. Die Nachlassverwaltung ist u. a. verantwortlich für die:

  • Erfassung des Nachlasses im Nachlassverzeichnis, darunter fallen auch die Verbindlichkeiten im Schuldenverzeichnis
  • Trennung des Nachlasses vom eigenen Privatvermögen der Erben (z. B. Vermögen der Witwe/des Witwers)
  • Befriedung berechtigter Ansprüche von Nachlassgläubigern aus der Erbmasse
  • Verteilung des übrigen Vermögens gemäß der Erbfolge an die Erben

Der Nachlassverwalter steht unter Aufsicht des Nachlassgerichtes – das heißt: Für bestimmte Rechtsgeschäfte benötigt er dessen Genehmigung. Beispielsweise darf der Nachlassverwalter nur mit Erlaubnis des Gerichts eine Immobilie aus der Erbmasse verkaufen. Die Nachlassverwaltung kann unter Umständen mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Während dieser Zeit haben Sie als Erbe keinen Zugriff auf den Nachlass.

Tipp

Wenn der Erblasser ein notarielles Testament verfasst hat, vereinfacht das die Aufteilung des Nachlasses. Beim Nachlassgericht können Sie Ihren letzten Willen sicher aufbewahren lassen.

Der digi­tale Nach­lass­ver­walter für Social Media

Immer mehr Verstorbene hinterlassen neben Vermögen auch ihre Social-Media-Accounts bei Twitter, Instagram und Co. Darum kümmert sich ein digitaler Nachlassverwalter, das kann zum Beispiel eine Person Ihres Vertrauens sein. Setzen Sie zu diesem Zweck eine Vollmacht auf und regeln Sie, wie die Vertrauensperson mit Ihrem digitalen Erbe im Todesfall umgehen soll.

Was sind die Kos­ten eines Nach­lass­verwalters?

Die Kosten einer Nachlassverwaltung sind nicht pauschal geregelt. Vielmehr kommt es auf den Umfang und die Komplexität der Nachlasspflegschaft sowie die Fachkenntnisse des Nachlassverwalters an. Das Nachlassgericht legt fest, welches Honorar der Nachlassverwalter erhält – die Bezahlung erfolgt aus dem Nachlass. In der Praxis ist es üblich, dass der Nachlassverwalter gerade bei einem hohen Nachlassvermögen eine Vergütung nach Stundensatz oder eine Pauschalvergütung gemessen am Nachlasswert erhält. Bei einem kleinen Erbe kommt es häufiger vor, dass der Staat die Kosten trägt. Wie viel ein Nachlassverwalter kosten kann, ist daher von Erbfall zu Erbfall unterschiedlich.

Kleiner Exkurs: Unter­schiede zur Nach­lass­pflege und Testa­ment­voll­streckung

Nachlasspfleger, Testamentvollstrecker und Nachlassverwalter beschäftigten sich alle mit Erbschaften. Ihre Aufgaben und Befugnisse sind allerdings etwas unterschiedlich geregelt:

  • Eine Nachlasspflegschaft ist zuständig, wenn die Erben nicht bekannt sind. Der Nachlasspfleger tritt als gesetzlicher Vertreter der Erben auf und kümmert sich so lange um den Nachlass, bis sich die endgültigen Erben ermitteln lassen.
  • Ein Testamentvollstrecker trägt die Verantwortung, die letztwilligen Verfügungen des Verstorbenen umzusetzen. Die Testamentsvollstreckung kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn die Erben noch minderjährig sind und nicht allein über den Nachlass entscheiden sollen.

Fazit

Als Fazit gilt daher folgende Empfehlung: Ein Nachlassverwalter kann hilfreich sein, wenn die Erbschaft unübersichtlich ist bzw. wenn Sie vermuten, dass der Verstorbene überschuldet ist.