Erb­ver­zicht und Erb­aus­schla­gung – wie funk­tioniert das?

  • Durch einen Erbverzicht schaffen Sie schon zu Lebzeiten klare Verhältnisse – etwa, um das Erbe einer Immobilie zu regeln und Pflichtteilsansprüche zu vermeiden.
  • Ist der Erbfall dagegen bereits eingetreten, können Angehörige das Erbe ausschlagen. Dafür bleiben Ihnen meist nur sechs Wochen.
  • Erfahren Sie hier, worin sich Erbverzicht und Erbausschlagung unterscheiden und worauf Sie jeweils achten sollten.

Unser Tipp

Orientierung im Nachlassfall

Bitte unbedingt beachten!

Der Text hat lediglich informativen Charakter und stellt keine Rechtsberatung dar. Im Fall der Fälle sollten Sie entsprechende juristische Beratungsleistungen in Anspruch nehmen. 

Was ist der Erb­ver­zicht zu Leb­zeiten?

Mit einem Testament odMit einem Testament oder Erbvertrag lässt sich zu Lebzeiten festlegen, wer etwas von Ihrem Vermögen bekommen soll. So können Sie beispielsweise regeln, dass nur Ihr Ehepartner das bewohnte Haus erben soll (Berliner Testament). Im Todesfall steht den Kindern und anderen Erben dennoch unter Umständen ein Pflichtteil zu. Darunter ist die gesetzliche Mindestbeteiligung am Erbe zu verstehen.

Um diesen Pflichtteilsanspruch zu umgehen, kommt ein Erbverzicht infrage. Das bedeutet einfach erklärt: Der pflichtteilsberechtigte Erbe wird von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen und verzichtet somit auf seinen zukünftigen Anteil am Nachlass. Erblasser und Verzichtender müssen hierfür einen Vertrag schließen – gegen den Willen des Erben lässt sich Erbverzicht daher nicht durchsetzen!

Hinweis: Verzichtsverträge können sich auch nur auf den Pflichtteil beschränken – das nennt sich Pflichtteilsverzicht. Durch den Verzicht auf die Pflichtteilsansprüche bleibt das gesetzliche Erbrecht erhalten. Sprich: Die gesetzliche Erbfolge ändert sich nicht und der Verzichtende kann nach dem Tod des Erblassers seinen gesetzlichen Erbteil einfordern – beim gesetzlichen Erbteil bestimmt das Verwandtschaftsverhältnis, wie viel dem Erbenden zusteht. Da es vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten gibt, ist es sinnvoll, sich von einem Anwalt für Erbrecht beraten zu lassen.

Was spricht für oder ge­gen einen Erb­ver­zicht?

Bei einem Erbverzicht geht es darum, den Nachlass nach eigenem Ermessen zu gestalten. Dafür kann es verschiedene Gründe geben:

  • Immobilie an Ehepartner vererben: Damit schließt der Erblasser das Risiko aus, dass seine Kinder ihre Pflichtteilsansprüche einfordern und der überlebende Ehegatte deswegen in finanzielle Not gerät.
  • Erbstreitigkeiten umgehen: Bei familiären Konflikten besteht mitunter der Wunsch, bestimmte Personen zu begünstigen und späteren Streitigkeiten entgegenzuwirken.
  • Schenkungen berücksichtigen: Manchmal erhalten Angehörige ein vorgezogenes Erbe zu Lebzeiten. Ein Erbverzicht sorgt dafür, dass die anderen Erben im Todesfall ihren gerechten Anteil am Nachlass bekommen.
  • Unternehmensnachfolge sichern: Wer ein Familienunternehmen führt, möchte im Todesfall die Nachfolge geklärt haben und ggf. mögliche Zahlungsansprüche gegen die Firma ausschließen.

Für einen Erbverzicht gibt es folglich mehrere gute Gründe. Je nach persönlichen Umständen können sich daraus Nachteile ergeben. Der wichtigste Punkt ist, dass der Verzichtende seinen Anspruch verliert und im Erbfall leer ausgeht. Darüber hinaus sollten Sie bedenken, dass auch die direkten Nachkommen vom Erbverzicht betroffen sind. Sofern Sie keine abweichende Regelung im Erbvertrag treffen, erhalten die Kinder und Enkelkinder des Verzichtenden ebenfalls kein Erbe. Ein Erbverzicht lässt sich zudem nicht ohne Weiteres wieder aufheben, falls Sie Ihre Entscheidung bereuen. Daher empfiehlt es sich für beide Seiten, diesen Schritt sorgfältig abzuwägen und auf jeden Fall sich juristisch beraten lassen, damit eine fundierte Entscheidung getroffen werden kann.

Erb­ver­zicht gegen Ab­fin­dung

Da ein Erbverzicht möglicherweise mit finanziellen Nachteilen einhergeht, können Sie eine Gegenleistung vereinbaren. Ein Erbverzicht gegen Abfindung stellt sicher, dass der verzichtende Erbe dennoch einen Anteil am Vermögen bekommt.

Erb­ver­zicht – wer erbt dann?

Ein Erbverzicht greift in die gesetzliche Erbfolge ein und hat zur Folge, dass die betroffene Person automatisch als Erbe ausscheidet. Die Erbquote geht dementsprechend im Todesfall auf andere Erben über.

Beispiel: Herr W. hat drei Kinder. Nach der gesetzlichen Erbfolge steht jedem Kind ein Drittel des Nachlasses zu. Schließt Herr W. mit einem Kind einen Erbverzichtsvertrag, erben die beiden anderen Kinder jeweils die Hälfte.

Kann ich einen Erb­ver­zicht rück­gängig machen?

Ja, wenn beide Vertragsparteien zustimmen, können Sie einen Erbverzichtsvertrag aufheben. Das ist nur zu Lebzeiten möglich.

Gut zu wissen:

Bei einem Erbverzicht handelt es sich um einen schriftlichen Vertrag, den ein Notar beurkunden muss. Möchten Sie den Erbverzicht einvernehmlich aufheben, ist auch wieder eine notarielle Beurkundung erforderlich. Der Erbverzicht ist im BGB in den §§ 2346 ff. geregelt.

Erbe aus­schla­gen

Ein Verzichtsvertrag lässt sich nur zu Lebzeiten wirksam abschließen. Denn Erblasser und Verzichtender einigen sich vertraglich darüber, welche Erbansprüche gelten sollen und ob eine Abfindung gezahlt wird. Ein Erbverzicht nach dem Tod des Erblassers ist daher nicht mehr möglich.

Wollen Sie die Erbschaft aus persönlichen Gründen nicht antreten oder gibt es Schulden, können Sie das Erbe ausschlagen. Damit geben Sie eine Erklärung ab, dass Sie auf das Erbe verzichten und somit auch keine Verpflichtungen eingehen. So können Sie vermeiden, dass Sie mit Ihrem Privatvermögen für den überschuldeten Nachlass haften.

Frist für die Erb­aus­schla­gung

Um ein Erbe auszuschlagen, bleibt Ihnen normalerweise nur eine Frist von sechs Wochen. Existiert kein Testament startet die Frist ab Kenntnisnahme vom Tode des Erblassers. Falls Sie in einem Testament oder Erbschaftsvertrag als Erbe benannt sind, informiert Sie das Nachlassgericht über die Erbschaft. Dann beginnt die Frist ab dem Erhalt des Schreibens des Nachlassgerichts. Wohnte der Erblasser im Ausland oder hat sich der Erbe selbst bei Fristbeginn im Ausland aufgehalten, verlängert sich die Frist auf sechs Monate.

Wichtig: Sobald Sie einen Erbschein beantragen, nehmen Sie das Erbe faktisch an. Danach können Sie das Erbe in der Regel nicht mehr ausschlagen.

Tipp

In der Broschüre vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz finden Sie die wichtigsten Eckpunkte rund ums Thema Erben und Vererben.

Wie kann ich ein Erbe aus­schla­gen?

Besuchen Sie das zuständige Nachlassgericht persönlich oder beauftragen Sie einen Notar, der für Sie eine entsprechende Erklärung abgibt und lassen Sie sich beraten. Ein einfacher Brief an das Nachlassgericht genügt nicht, um das Erbe auszuschlagen.

Wel­che Konse­quen­zen hat die Erb­aus­schla­gung?

Wenn Sie das Erbe ausschlagen, fallen Sie aus der gesetzlichen Erbfolge. Sie haben damit auch keinen Anspruch mehr auf Ihren Pflichtteil. Einzige Ausnahme: Der Erbteil ist mit einer Beschränkung oder Beschwerung belastet (§ 2306 BGB). Ein solcher Fall liegt beispielsweise vor, wenn der Erblasser einen Nacherben einsetzt und Sie deshalb nicht frei über Ihr Erbe verfügen können.

Durch die Erbausschlagung fällt der Nachlass an die nachfolgenden Erben, die laut gesetzlicher Erbfolge an der Reihe sind. Diese stehen wiederum vor der Entscheidung, ob sie das Erbe annehmen oder ausschlagen möchten. In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass auch minderjährige Kinder zu Erben werden. Die Eltern agieren dann als gesetzliche Vertreter und können die Erbschaft nur gemeinsam für das Kind ausschlagen. Bei alleinigem Sorgerecht kann sich der sorgeberechtigte Elternteil um die Erbausschlagung kümmern.

Fazit: Egal, ob Sie nun das Erbe annehmen oder darauf verzichten – diese Entscheidung ist bindend. Sie können Ihre Erklärung nur unter bestimmten Voraussetzungen widerrufen. Lassen Sie sich besser anwaltlich beraten und vermeiden Sie voreilige Schlüsse, bis Sie den Wert des Nachlasses und dessen Zusammensetzung genau kennen.