Zwangsversteigerung von Immobilien – grobe Fehler vermeiden

Mehr als 13.000 Immobilien wurden 2021 in Deutschland zwangsversteigert. Wer nach einem Bietergefecht den Zuschlag erhält, geht in der Regel davon aus, preiswert gekauft zu haben. Doch das ersteigerte Haus kann unerwartete Überraschungen bergen. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich das vermeintliche Schnäppchen vielleicht als erheblicher Schadensfall. Damit Sie von einer Zwangsversteigerung profitieren, sollten Sie sich sorgfältig vorbereiten und die Risiken kennen.

 

Welche Risiken bergen Zwangsversteigerungen von Immobilien?

Bevor Sie zum Versteigerungstermin erscheinen, haben Sie die Immobilie bereits so gut wie möglich von außen in Augenschein genommen. Fast nie ist jedoch eine gründliche Begehung des Objektes realisierbar. Auch die Akte beim zuständigen Amtsgericht kann Ihre Fragen nach Heizung, Schimmelbefall, Altlasten, Erschließung und vielem mehr kaum beantworten. Wichtige Informationen liefert bei Eigentumswohnungen eventuell die Hausverwaltung. Darüber hinaus könnte der Gläubiger, der die Vollstreckung betreibt, weiterhelfen. Ebenso wertvoll kann das Wissen von Nachbarn sein. 

 

 

Die Zwangsversteigerung: Tipps und Tricks zum Rechtlichen

Neben dem baulichen Zustand der Immobilie sollten Sie die rechtlichen Modalitäten prüfen: Studieren Sie im Vorfeld der Versteigerung alle Papiere beim zuständigen Amtsgericht genau. Denn eine Immobilie ist nicht unbedingt frei von Rechten. Zum Beispiel kann ein Grundstück, das zwangsversteigert wird, ein Wegerecht enthalten, das auch Sie als Neueigentümer verpflichtet. Diese Unterlagen können Sie frühzeitig beim Amtsgericht einsehen:

  • Feststellung des amtlichen Verkehrswertes
  • Grundbuchauszug
  • Baulastenverzeichnis
  • Versteigerungsakte
  • Gerichtsgutachten (häufig unvollständig, da der Gutachter keinen Zutritt zum Objekt hatte) 

 

Was Sie prüfen sollten, bevor der Hammer fällt

Versteigerungen können aufregend sein – besonders, wenn es um hohe Summen wie bei einer Versteigerung von Immobilien geht. Prüfen Sie vorab noch einige Punkte: 

 

  • Zustand des Hauses: Ob Sanierungsbedarf besteht, kann der Bieter kaum einschätzen, er stützt sich allein auf Verkehrswert und Gerichtsgutachten. Existieren keine Fotos von den Innenräumen, so ist dies ein Hinweis darauf, dass der Gutachter das Objekt nicht betreten konnte.
  • Baurecht: Entsprechen die baulichen Anlagen dem Baurecht oder besteht Gefahr, dass ein Rückbau gefordert wird?
  • Denkmalschutz: Ein Gebäude, das unter Denkmalschutz steht, kann erhebliche Belastungen verursachen.
  • Baumängel-Gewährleistung: Nach einer Zwangsversteigerung erlischteine eventuell bestehende Gewährleistung auf Baumängel. Tauchen solche später auf, so ist ausschließlich der neue Eigentümer zuständig.
  • Lage: Wird das Grundstück durch Lärm oder Gerüche beeinträchtigt? Wiesind die Verkehrsanbindungen und die Grundversorgung
  • Mietverhältnisse: Ist das Objekt vermietet oder gar ein Mietshaus, so gehen alle vertraglichen Vereinbarungen auf den neuen Eigentümer über. Denn: „Kauf bricht Miete nicht!“
  • Wohnungsbindung bei Mietshäusern: Wenn das Objekt mit öffentlichen Mitteln gebaut wurde, sind die zu erwartenden Miethöhen unter Umständen begrenzt.
  • Grundbuch: Sind im Grundbuch Sondernutzungsrechte oder Dienstbarkeiten eingetragen? Dies kann ein lebenslanger Nießbrauch sein oder bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks eine Reallast. Beides geht eventuell an den neuen Eigentümer über.
  • Grundschuld: Möglicherweise ist die Immobilie noch mit einer Grundschuld oder Hypothek belastet? Diese kann auf den Ersteher übertragen werden.

 

 

Folgekosten bei einer Zwangsversteigerung von Immobilien

Längst nicht alle Kosten eines ersteigerten Objektes sind mit dem Zuschlagspreis abgegolten. Einige können Ihr Konto erheblich belasten. Diese Kosten müssen in Ihre Finanzierungsplanung einfließen:

 

  • Grunderwerbssteuer: Dieser größte Posten ist an das Finanzamt zu entrichten. Hier gibt es Unterschiede je Bundesland. 
  • Zuschlagsgebühr bei der Zwangsversteigerung: Diese ersetzt die bei Immobilienverkäufen sonst übliche Notargebühr.
  • Kosten für Beurkundung und Eintrag eines Grundpfandrechts: Sie werden nur fällig, wenn ein solches für Ihre Finanzierung erforderlich wird. 

 

Zwangsversteigerung – der Ablauf

Der Versteigerungstermin ist der Tag, auf den Ihre sorgfältige Vorbereitung seit Wochen hinläuft. Nun ist es so weit:

 

  • Genug Geld dabei? Noch im Amtsgerichtssaal müssen Sie eine zehnprozentige Sicherheitszahlung leisten. Dies kann per Landeszentralbank-Scheck, Überweisung oder Bankbürgschaft geschehen, nicht aber in bar. Vom Tag der Ersteigerung bis zur vollständigen Entrichtung des Kaufpreises nach spätestens acht Wochen berechnet das Amtsgericht vier Prozent Zinsen.
  • Personalausweis nicht vergessen! Prüfen Sie, ob Sie ein gültiges Ausweispapier eingesteckt haben.
  • Termin: Zu Beginn verliest der Gerichtsbeamte noch einmal wesentliche Daten des Objektes. Er erklärt die Versteigerungsbedingungen und nennt das Mindestgebot.
  • Mindestgebot: Handelt es sich bei dem Gläubiger um eine Bank, so liegt es nicht unter 70 Prozent des Verkehrswertes.
  • Bieterzeit: Die sogenannte Bieterstunde dauert mindestens 30 Minuten. In dieser Zeit könnten Sie Kontakt zum Gläubiger aufnehmen oder noch einmal die Versteigerungsakte einsehen. Lassen Sie die anderen bieten und warten Sie auf Ihre Gelegenheit. Tipp: Die aufgeregte Atmosphäre ist ansteckend – bleiben Sie ruhig und eisern und überschreiten Sie Ihr vorher festgesetztes Limit nicht.
  • Ende: Die Bieterstunde wird geschlossen, wenn das Gericht feststellt, dass keine weiteren Gebote eingehen.
  • Zuschlag: Das Gericht verkündet das Meistgebot und erteilt den Zuschlag. Dieser ist rechtskräftig, sobald der Hammer fällt. Ein Rücktrittsrecht besteht nicht.
  • Sofortiges Eigentum: Von nun an trägt der Ersteher alle Nutzen und Lasten. Identitätsprüfung, Zahlung der Sicherheitsleistung sowie Grundbucheintrag sind zu diesem Zeitpunkt nur noch Formalien, die diesen Rechtsakt nachvollziehen. 

Tipp

Nehmen Sie sich die Zeit und besuchen Sie probeweise vorab eine Zwangsversteigerung, bei der Sie nicht mitbieten wollen. Wenn es später ernst wird, sind Ihnen Atmosphäre und Prozedere bereits vertraut und Sie können sich besser auf Ihr Ziel konzentrieren.