Im­mo­bi­lien­preise: Preis­spirale ist vor­erst be­endet?

Wer sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen wollte, wurde in den meisten deutschen Regionen mit stetig steigen Kaufpreisen konfrontiert. Das hat sich nun geändert: Laut Postbank Wohnatlas wurden Wohnimmobilien 2022 wieder erschwinglicher.

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Mehr­heit der Re­gio­nen real gün­sti­ger im Ver­gleich zum Vor­jahr

Ist der Preisboom für Immobilien in Deutschland vorbei? Nachdem die Kosten für den Kauf von Wohneigentum in den vergangenen Jahren meist nur eine Tendenz – nämlich aufwärts - kannten, scheint dieser Trend nun vorerst gestoppt zu sein. Gestiegene Baufinanzierungszinsen, aufgrund der Inflation deutlich erhöhte Lebenshaltungshaltungskosten und explodierende Energiepreise verunsichern offenbar viele Kaufinteressierte und führen dazu, dass sie ihre Pläne für den Erwerb der eigenen vier Wände zunächst auf Eis legen und abwarten. Die Folge ist eine nachlassende Nachfrage auf dem Immobilienmarkt, die in vielen deutschen Regionen für stagnierende oder sogar sinkende Preise sorgt. Dies sind Ergebnisse der aktuellen Studie „Postbank Wohnatlas 2023“, in der die Entwicklung der Immobilienpreise in den 401 deutschen Landkreisen und kreisfreien Städten untersucht wurde. Im deutschlandweiten Durchschnitt lag der Preisabfall 2022 gegenüber dem Vorjahr inflationsbereinigt bei minus 0,7 Prozent. Zum Vergleich: 2021 hatte dagegen das Plus noch knapp über 14 Prozent betragen. In nominaler Rechnung, also ohne Berücksichtigung der Inflation, stiegen die Preise für Eigentumswohnungen 2022 allerdings dennoch durchschnittlich um gut sechs Prozent. Die Preisentwicklung zeigt sich allerdings in den einzelnen Regionen, Landkreisen und Städten stark unterschiedlich.

Fal­len­de Prei­se in den Metro­polen

Großstädte waren im Durchschnitt von dem Preisrückgang stärker betroffen als Städte mittlerer Größe und ländliche Gebiete. So sanken die Kaufpreise für Eigentumswohnungen in den sieben größten deutschen Städten real um 4,3 Prozent. In den Mittelstädten betrug der Rückgang dagegen nur 1,5 Prozent. Allerdings hatten in den Metropolregionen starke Preisanstiege in den vergangenen Jahren häufig zu einer Überhitzung der lokalen Immobilienpreise geführt. Daher fielen hier die Korrekturen am deutlichsten aus. Den höchsten realen Preisabfall verzeichnete München. Er lag bei knapp sieben Prozent; 2021 hatten die Preise dort noch um über 15 Prozent zugelegt. Die bayerische Landeshauptstadt ist und bleibt aber dennoch ein teures Pflaster. Bundesweit gibt es keinen Ort, an dem Kaufinteressierte für den Quadratmeter mehr bezahlen müssen als hier. Durchschnittlich wurden über 9.700 Euro pro Quadratmeter fällig. Frankfurt am Main verzeichnete eine Kaufpreisänderung mit einem Minus von fast sechs Prozent. Auch in Düsseldorf und Stuttgart sanken die Preise real um mehr als 5 Prozent. In Berlin fiel der Kaufpreisrückgang mit -0,1 Prozent dagegen relativ gering aus. Grund: Die Nachfrage nach Wohnraum bleibt hier hoch, auch weil die Einwohnerzahl kontinuierlich steigt. Gleichzeitig hinkte die Hauptstadt in Sachen Preisniveau lange Zeit hinter anderen Metropolen her und hat somit noch Nachholpotenzial.

Quadrat­meter­preise für Eigen­tums­woh­nungen im Be­stand in den Top 7 der deu­tschen Stä­dte

Rang
Stadt qm-Preis 2022
Kaufpreisveränderung 2021-2022 (inflationsbereinigt)
1 München 9.773,83 € -6,88 %
2 Hamburg 6.685,29 € -3,87 %
3 Frankfurt am Main 6.654,34 € -5,86 %
4 Berlin 5.903,65 € -0,10 %
5 Düsseldorf 5.454,56 € -5,16 %
6 Stuttgart 5.416,35 € -5,56 %
7 Köln 5.118,94 € -2,38 %

Quellen: VALUE AG (empirica-systeme Marktdatenbank), Statistisches Bundesamt, Berechnungen HWWI

Nach­hol­effekte sind vor­bei

In nahezu allen Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohner*innen stagnierten oder sanken die Preise für Eigentumswohnungen – zumindest inflationsbereinigt. Ausnahmen bildeten dabei vor allem Städte aus Nordrhein-Westfalen wie Herne oder Duisburg. Allerdings betrug der größte Preisanstieg 2022 hier nur knapp über 5 Prozent real - ein Jahr zuvor wurden in den Großstädten des Ruhrgebietes noch Teuerungsraten von fast 30 Prozent erreicht. Doch die Top 10 sah vor einem Jahr noch anders aus. Einzig Wuppertal in Nordrhein-Westfalen und Halle (Saale) in Sachsen-Anhalt befinden sich weiterhin unter den Großstädten mit den höchsten realen Teuerungsraten. Halle liegt in Nachbarschaft zu Leipzig und gilt als wichtiges Wissenschafts- und Wirtschaftszentrum. Während der reale Kaufpreisanstieg 2021 in Halle jedoch noch 18,7 Prozent betrug, lag er 2022 nur noch bei 0,4 Prozent. Erfurt hatte im Vorjahr noch mit einem Plus von 29,5 Prozent den ersten Platz der Großstädte eingenommen, 2022 fiel der Preis für Eigentumswohnungen hier jedoch real um -8,3 Prozent. Auch in den relativ erschwinglichen Großstädten Ost- und Mitteldeutschlands sind die Nachholeffekte also offenbar vorbei.

Preis­ver­gleich zahlt sich aus

Doch nicht nur die Großstädte sind von den Preisanpassungen betroffen. Ein detaillierter Blick zeigt, dass auch in ländlichen Gebieten – selbst innerhalb derselben Bundesländer - große Unterschiede bestehen. Besonders hohe Schwankungen gegenüber dem Vorjahr gab es dabei meist in Regionen mit einem geringen Immobilienangebot. So fiel beispielsweise der reale Kaufpreis im bayerischen Landkreis Amberg-Sulzbach um mehr als 23 Prozent, während der ebenfalls in Bayern gelegene Landkreis Bayreuth 2022 einen Anstieg von fast 23 Prozent verzeichnete. Kaufinteressierte sollten daher ganz genau hinsehen und die Preisentwicklung im Auge behalten. Dabei lohnt auch der Blick in die so genannten Mittelstädte mit 20.000 bis 100.000 Einwohner*innen. Hier verzeichnet der aktuelle Wohnatlas in allen deutschen Regionen teils große Unterschiede in der Preisentwicklung, die ein Immobilieninvestment bei kluger Planung durchaus attraktiv machen können.

Weiter ho­he Kauf­preise in den Ferien­ge­bieten

Teuer bleibt es dagegen an der Nordsee: Besonders kostspielig waren Eigentumswohnungen weiterhin im Landkreis Nordfriesland, zu dem die beliebten Inseln Sylt, Föhr und Amrum sowie Ferienorte wie St. Peter Ording gehören. Auch im niedersächsischen Feriengebiet Aurich, zu dem die Inseln Juist, Norderney und Baltrum sowie die Badeorte Norddeich und Greetsiel gehören, stiegen die Preise für Eigentumswohnungen. Ähnlich teuer waren die Landkreise im Speckgürtel Münchens und den Feriengebieten des Alpenvorlandes. Über niedrige Kaufpreise konnten sich Käufer:innen dagegen in den meisten Regionen Mitteldeutschlands freuen. Besonders stark sind sie in vielen ländlichen Gebieten in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen gesunken.

Qua­drat­meter­preise für ge­brauch­te Eigen­tums­woh­nungen in deu­tschen Land­kreisen

Rang Stadt / Kreis Bundesland qm-Preis 2022 Kaufpreisveränderung (inflationsbereinigt)
1 Nordfriesland Schleswig-Holstein 9.185,14 €
+8,24 %
2 Miesbach Bayern 8.552,19 €
+0,36 %
3 Starnberg Bayern 7.658,44 € -1,38 %
4 München Bayern 7.614,73 € -4,74 %
5 Garmisch-Partenkirchen Bayern 6.612,37 € +3,40 %
6 Dachau Bayern 6.586,04 € -6,60 %
7 Ebersberg Bayern 6.535,92 € -3,86 %
8 Fürstenfeldbruck Bayern 6.463,48 € -3,42 %
9 Freising Bayern 6.243,94 € -2,17 %
10 Aurich Niedersachsen 5.961,92 € +12,12 %

Quellen: VALUE AG (empirica-systeme Marktdatenbank), Statistisches Bundesamt, Berechnungen HWWI

Chan­cen für Kauf­interessierte

Insgesamt konnten sich Immobilienkäufer:innen im vergangenen Jahr in rund 63 Prozent der deutschen Regionen ihren Traum von einer Eigentumswohnung zu einem real günstigeren Preis erfüllen als noch 2021. Die Phase, in der Preise für Eigentumswohnungen in ungeahnte Höhen kletterten, scheint also vorerst tatsächlich vorbei. Stagnierende oder sinkende Preise sorgen derzeit für eine Preisdelle, nach deren Rückgang Experten allerdings wieder höhere Preise bei Wohnimmobilien erwarten. Wenn die Inflation aber auch in Zukunft weiterhin höher ausfällt als die Nominalzinsen, hat dies de facto negative Realzinsen zur Folge. Deshalb kann die Finanzierung einer Immobilie für Kaufinteressierte unabhängig von der Preisentwicklung durchaus sinnvoll sein. Hier lohnt es sich, mit spitzem Stift zu rechnen und sich kompetente Beratung von einem Finanzexperten einzuholen.

Hinter­grund­infor­ma­tionen zum Postbank Wohn­atlas 2023

Der Postbank Wohnatlas ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Für die vorliegende Preisanalyse, die den ersten Studienteil des diesjährigen Wohnatlas darstellt, wurde unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), die Immobilienpreisentwicklung in den 400 deutschen Landkreisen und kreisfreien Städten untersucht.