12.03.2020

Nachwuchsmangel im Handwerk: Folgen für Kunden & Unternehmer

„Handwerk hat goldenen Boden“ – dieses Sprichwort ist heutzutage aktueller denn je. Denn die Baubranche boomt, seit Jahren steigen die Umsätze in den handwerklichen Betrieben an. Dank des Klimapaketes und der damit vereinbarten Zuschüsse für umweltfreundliche Heizanlagen freuen sich derzeit zum Beispiel Heizungsinstallateure über volle Auftragsbücher. Eigentlich wäre die Situation perfekt, wenn die Branche nicht mit einem akuten Nachwuchsmangel konfrontiert wäre.

Handwerk kämpft mit akutem Mangel an Nachwuchskräften

Über eine Million Handwerksbetriebe gibt es laut Statista in Deutschland. Mit 612 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2019 zählt die Branche zu den stärksten Wachstumsmotoren im Mittelstand. Nie zuvor verdienten Handwerker derart viel Geld. Und es könnte noch mehr sein, wenn der Boom nicht empfindlich von einem nie da gewesenen Mangel an Nachwuchskräften gehemmt würde: Während sich im Jahr 2000 noch 596.000 junge Menschen für eine Handwerkslehre begeistern konnten, waren es im Jahr 2018 nur noch 368.000 Personen, die sich nach der Schule für eine klassische Handwerkslehre entschieden. Das Minus von rund 38,26 Prozent belastet Unternehmer im Handwerk zusehends. Während an den deutschen Unis die Hörsäle aus allen Nähten platzen, blieben im Jahr 2018 insgesamt 17.000 Lehrstellen im Handwerk unbesetzt.

Hat die Branche vielleicht ein Image-Problem? Eigentlich nicht, denn die Allensbacher-Berufsprestige-Skala zählt das Handwerk zu den fünf angesehensten Berufsgruppen des Landes. Lediglich Ärzte, Krankenschwestern, Polizisten und Lehrer können hier bessere Werte aufweisen. Das Problem ist vielmehr in der zunehmenden „Akademisierung“ der Gesellschaft zu finden. Immer mehr Heranwachsende verlassen die Schule mit dem Abitur und gelten deshalb für das Handwerk als „überqualifiziert“. Zudem besteht immer noch das Vorurteil, dass Berufstätige im Handwerk weniger Geld verdienen als beispielsweise in einem Bürojob. Doch das ist ein Trugschluss: Ein ausgebildeter Handwerker mit guter Auftragslage verdient mit dem eigenen Betrieb oftmals deutlich mehr Geld als so mancher „Schreibtischtäter“. Und auch ein anderer Aspekt macht die Arbeit im Handwerk sehr attraktiv: Ein Handwerker schafft mit seinen eigenen Händen etwas, worauf er stolz sein kann. In einer Welt, die von zunehmender Digitalisierung geprägt ist, kann dieser Umstand viel persönliche Erfüllung bringen und die handwerkliche Arbeit spannend und abwechslungsreich machen.

Doch bis vielleicht irgendwann ein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet, bleibt es auch für Handwerkskunden zunehmend schwierig. Die Baubranche ist aufgrund der aktuellen Personalsituation schlichtweg mit der Abarbeitung ihrer Aufträge überfordert.

Wie finde ich kurzfristig einen qualifizierten Handwerker für mein Projekt?

Die derzeitige Situation im Handwerk macht es für Kunden nicht leicht, kurzfristig einen guten Handwerker zu finden. Bei besonders gefragten Gewerken müssen Sie aktuell mehrwöchige Wartezeiten in Kauf nehmen. Durch das Klimapaket und die daraus resultierenden Zuschüsse für umweltfreundliche Heizungsanlagen sind vor allem Heizungs- und Sanitärinstallateure über Gebühr beschäftigt. Im Durchschnitt dauert es nach Angaben des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks mittlerweile fast zehn Wochen, bis ein angefragter Auftrag von einem Handwerksbetrieb ausgeführt werden kann. Einige Betriebe sind sogar so weit ausgelastet, dass sie generell nur noch Aufträge von Stammkunden entgegennehmen.

Trotzdem ist es nicht unmöglich, zeitnah einen qualifizierten Handwerker zu finden. Vor allem bei einem Notfall, etwa wenn Ihre Heizungsanlage im Winter ausfällt, brauchen Sie keine wochenlangen Wartezeiten zu befürchten. Bei einem akuten Problem wird Sie kaum ein Handwerksbetrieb im Stich lassen. Doch wie finde ich einen guten Handwerker ohne lange Wartezeiten?

Nutzen Sie für die Recherche entweder das Internet oder die lokale Presse. In jeder größeren Stadt werden Anzeigenblätter publiziert, in denen Handwerker ihre Leistungen per Kleinanzeige anbieten. Bevor Sie aber den erstbesten kontaktieren und womöglich auf ein schwarzes Schaf treffen, forschen Sie ein wenig im Internet. Folgende Fragen gilt es zu beantworten:

  • Macht die Website des Handwerkers einen seriösen Eindruck? (Professionalität des Webauftritts, Referenzen, Firmengeschichte usw.)
  • Hat das Unternehmen schon ähnliche Projekte realisiert und gibt es davon eventuell Fotomaterial?
  • Handelt es sich wirklich um einen Fachbetrieb mit Eintrag in die Handwerksrolle (Impressum der Webseite anschauen)?
  • Wie sind die Bewertungen von Kunden bei Google, Yelp, golocal & Co.?

Haben Sie ein Handwerksunternehmen gefunden, das Ihren Vorstellungen entspricht, dann greifen Sie beherzt zum Telefonhörer und führen Sie ein erstes Sondierungsgespräch. Ein seriöser Handwerker wird Ihnen nach einem Vor-Ort-Termin einen Kostenvoranschlag unterbreiten, der zudem unentgeltlich angeboten wird. So erhalten Sie nicht nur Informationen über die zu erwartenden Kosten, sondern können auch im Vorfeld abschätzen, wie schnell und akkurat ein Unternehmen auf Ihre Anfrage reagiert. Übrigens: Bei ortsansässigen Handwerkern ist nicht nur die Kommunikation deutlich einfacher, Sie sparen wegen der geringeren Anfahrtskosten auch noch Geld.
Und wie sieht es mit dem Zeitfaktor aus? Wenn Ihr Auftrag nicht allzu dringend erledigt werden muss, sollten Sie in jedem Fall mehrere Angebote einholen und daraus das beste auswählen. Falls der Schuh drückt und Ihr Auftrag dringlich ist, dann informieren Sie sich unbedingt vorab über anfallende Notdienstgebühren, bevor Sie hier eine unliebsame Überraschung erleben.

Ist es ratsam, einen Handwerker online zu suchen?

Neben den klassischen Kontaktmöglichkeiten zwischen Handwerker und Kunden gibt es seit einigen Jahren spezielle Online-Börsen, die bei der Suche nach einem geeigneten Handwerker helfen können. Handwerkerportale wie MyHammer, Blauarbeit, Check24, wirsindhandwerk oder meister.de sind tatsächlich eine spannende Alternative zu Google und den Gelben Seiten, doch sie bergen auch Gefahren: Zunächst tummeln sich auf den Marktplätzen viele Gelegenheitshandwerker, die mit den angebotenen Leistungen ihre Haushaltskasse aufbessern möchten. Einige davon nehmen es mit den Themen Steuern und Rechnungsstellung nicht so genau. Lassen Sie sich aber keinesfalls auf ein Angebot „ohne Rechnung“ ein. Schwarzarbeit ist kein Kavaliersdelikt – die Schattenwirtschaft verursacht jedes Jahr wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe. Und im schlimmsten Fall müssen Sie mit saftigen Bußgeldern rechnen, falls das unlautere Geschäft ans Licht kommt!

Genau deshalb gehen einige Online-Portale rigoros gegen dubiose Anbieter vor. MyHammer teilt die eingestellten Aufträge beispielsweise so auf, dass nur Betriebe mit einer entsprechenden Qualifikation an bestimmten Ausschreibungen teilnehmen können. Trotzdem sollten Sie Vorsicht walten lassen, wenn Sie einen Handwerker online suchen. Als Kunde können Sie auch online auf einen transparenten Kostenvoranschlag inklusive Material-, Lohn- und Arbeitskosten sowie Ausweisung der Mehrwertsteuer bestehen. Kommt ein Handwerker diesem Wunsch nach, kann er zweifelsohne als seriös eingestuft werden.

In jedem Fall sparen Sie als Kunde Zeit, wenn Sie Ihren Auftrag nur einmal online einstellen müssen und anschließend mehrere Handwerkerangebote erhalten. Zudem lassen sich so die angebotenen Leistungen optimal vergleichen. Handwerker profitieren hingegen davon, dass sie über die Online-Portale ohne viel Eigenwerbung neue Aufträge generieren. Doch über leere Auftragsbücher brauchen sich Handwerksbetriebe in Deutschland ja ohnehin keine Gedanken zu machen.