Wie viel Wahrheit steckt in Börsenweisheiten?

Anleger werden an der Börse mit einer ganzen Reihe von Sprichwörtern konfrontiert. Diese „Weisheiten“ haben starkes Gewicht auf dem Markt und können Aktien positiv oder negativ beeinflussen. Doch nicht immer stellen sich diese Ratschläge und Empfehlungen auch als richtig heraus. Welche Sprüche sollten Anleger beherzigen und welche können bei der Geldanlage getrost ignoriert werden? Wir haben die Antworten auf diese Frage und stellen Ihnen die bekanntesten Börsenweisheiten vor!

 

Die Börse und die Jahreszeiten

1. „Sell in May and go away“
„Sell in May and go away ...“, so lautet eine bekannte Börsenweisheit. Doch ist der Mai für Anleger wirklich ein guter Zeitpunkt, um sich von Aktien und Fonds zu trennen? Und was ist überhaupt dran an solchen Weisheiten als Investmentstrategie?

Ihren Ursprung hat die angelsächsische Börsenweisheit „Sell in May and go away ...“ (zu Deutsch: „Verkaufe im Mai und dann geh weg ...“) in den Traditionen der britischen Oberschicht des 17. und 18. Jahrhunderts. Die reichen Lords, Earls & Co. bestimmten damals als größte Anlegergruppe maßgeblich das Geschehen an der Londoner Börse. In diesen Kreisen war es üblich, den Sommer auf dem Land zu verbringen und sich die Zeit mit Pferderennen und anderen Vergnügungen zu vertreiben, statt über Geld nachzugrübeln. Außerdem war der Nachrichtenfluss von den Finanzmärkten aufs Land auch zu spärlich, um akute Investmententscheidungen zu treffen. Deshalb wurden vor der Abreise noch schnell Aktien verkauft. Erst mit der Rückkehr nach London im Frühherbst nahmen die Anleger ihre Aktivität an den Börsen wieder auf, was sich im zweiten Teil der Börsenweisheit widerspiegelt: „... but remember to come back in September“ („... aber vergiss nicht, im September zurückzukommen“). Die Botschaft dahinter: In den Sommermonaten fehlt es der Börse an Investoren und damit auch an Nachfrage. Das führt zu schwachen Kursen. Erst wenn die Sommersaison vorbei ist, nimmt der Markt wieder an Fahrt auf.

Zwar kann auch heute beobachtet werden, dass die Investmentaktivität an den Börsen in den Sommermonaten tendenziell etwas schwächer ausfällt. Eine verlässliche Anlagestrategie lässt sich daraus aber kaum ableiten. Denn auch an den Börsen haben sich die Zeiten geändert. Investoren müssen heute ihre Aktien nicht mehr verkaufen, bevor sie verreisen. Sie können online überall die Nachrichten über Unternehmen verfolgen und ihre Investments notfalls anpassen.
Wie wenig Geltung die Börsenweisheit von einst heute noch hat, belegt auch eine langfristige Postbank Analyse der Aktienindizes DAX (für deutsche Aktien), S&P 500 (für US-Aktien) und FTSE All-Share (für britische Aktien). Der Verkauf der in den Indizes enthaltenen Aktien zu Ende April und der Wiedereinstieg Anfang Oktober hätten über einen Zeitraum von 13 Jahren in der Mehrzahl der Fälle nicht zu einem besseren Jahresergebnis geführt, als die Aktien über die Sommermonate zu halten. Wer die Kursentwicklungen verfolgt, findet zwar bestätigt, dass sich die Kurse im Sommer tatsächlich häufig schwächeln. Unterm Strich jedoch hätte das Befolgen der Börsenweisheit Anleger jedoch kaum vorangebracht.

 

Welche Börsenweisheiten es sonst noch gibt

Neben „Sell in May ...“ kursieren unter Anlegern noch eine ganze Reihe weiterer Börsenweisheiten. Hier eine kleine Auswahl:

2. „The trend is your friend“ („Der Trend ist dein Freund“)
Aussage: Die Kurse von Aktien, die in der Vergangenheit einen Aufwärtstrend verzeichneten, werden wahrscheinlich auch weiterhin steigen. Kehrt sich der Trend um, heißt es verkaufen.

3. „Never catch a falling knife“ („Fang nie ein fallendes Messer“)
Aussage: Halten Sie sich von Aktien fern, mit deren Kursen es abwärtsgeht. Denn oftmals setzt sich der Abwärtstrend weiter fort, sodass hohe Verluste drohen.

4. „Verluste begrenzen, Gewinne laufen lassen“
Aussage: Anleger sollten schlecht laufende Aktien nicht zu lange halten und gut laufende nicht voreilig verkaufen.

5. „Hin und her macht Taschen leer“
Aussage: Anleger sollten nicht zu oft Aktien kaufen und verkaufen, denn jeder Kauf und Verkauf von Aktien kostet Gebühren – und die müssen erst wieder erwirtschaftet werden.

6. „Kauft Standardwerte und nehmt ein Schlafmittel“
Aussage: Standardwerte brauchen eine längere Zeit für maßgebliche Kurssteigerungen. Dafür sind Sie aber eine deutlich sicherere Geldanlage als riskantere Papiere (Strat-ups, Fin-Techs etc.).

7. „Buy on bad news, sell on good news“
Aussage: „Kaufe bei schlechten Nachtichten, verkaufe bei guten Schlagzeilen“ – diese Börsenweisheit zeigt, dass in wirtschaftlichen Krisen die Kurse oftmals fallen. Wer zu diesem Zeitpunkt Aktien kauft, bekommt für sein Geld in der Regel mehr Anteile. Wenn die Wirtschaft brummt und die Kurse hoch sind, lohnt sich indes ein Verkauf der Titel.

8. „Sei gierig, wenn andere ängstlich sind, und sei ängstlich, wenn andere gierig sind“
Aussage: Beim Aktienkauf sollten Sie nicht den Trends hinterher laufen, sondern antizyklisch agieren. Schlagen Sie in Zeiten fallender Kurse zu und vermeiden Sie Käufe von Aktien, die gerade einen Höhenflug antreten.

Aktuelle Beratung nutzen, statt alten Weisheiten folgen

Auch wenn die eine oder andere Börsenweisheit durchaus sinnvoll erscheinende Verhaltensregeln enthalten mag: Die Strategie für Ihre Geldanlage sollten Sie daran nicht ausrichten. Entwickeln Sie Ihre persönliche Anlagestrategie und investieren Sie clever. Am besten überprüfen Sie Ihre aktuelle Vermögenssituation, aber „legen Sie nicht alle Eier in einen Korb“, sprich: Streuen Sie das Anlagerisiko immer über mehrere Vermögenswerte wie Aktien, Immobilien usw. Dass das tatsächlich Sinn macht (und einiges andere mehr), hat schon in den 1950er-Jahren der US-Wirtschaftswissenschaftler Harry Markowitz nachgewiesen – und dafür später sogar den Nobelpreis erhalten.

 

Bitte beachten Sie

Jede Geldanlage ist mit Risiken verbunden. Mit den Renditechancen einer Anlage, steigen auch ihre Risiken. Je nach Wahl des Wertpapierprodukts ist insbesondere mit Kurs- bzw. Volatilitätsrisiken, Risiken der Bonität, der Liquidität, der Zinsänderung, der Währung und der Länder sowie steuerlichen Risiken zu rechnen.

Über die speziellen Risiken des jeweiligen Wertpapierprodukts informieren Sie die gesetzlich vorgeschriebenen Verkaufsunterlagen. Diese sind auf www.postbank.de abrufbar, wenn Sie dort die ISIN/WKN des Produktes eingeben.