Warum Aktien­kurse steigen – oder fallen

Grundsätzlich funktioniert der Aktienmarkt wie jeder andere offene Wirtschaftsmarkt auch, nämlich nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage: Will ein Anleger die Aktie eines Unternehmens kaufen, muss ein anderer sie verkaufen. Alle Verkaufs- und Kaufangebote laufen an den jeweiligen Börsen zusammen. Wenn mehr Marktteilnehmer kaufen als verkaufen wollen, steigt der Aktienkurs; ist es umgekehrt, fällt er. Warum aber schwanken die Kurse oft so stark? Dafür ist eine Vielzahl von Faktoren verantwortlich.

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Faktor 1: fundamentale Unternehmens- und Aktienfaktoren

Am direktesten beeinflussen konkrete Unternehmensdaten wie der Umsatz, der Gewinn und die Profitabilität eines Unternehmens die Kursentwicklung einer entsprechenden Aktie. Dabei ist weniger die Vergangenheit oder die aktuelle Lage von Bedeutung als vielmehr der Ausblick. Das Entscheidende für den Aktienkurs sind die Erwartungen der Marktteilnehmer. Grundsätzlich sind in diesem Zusammenhang zwei Faktoren von besonderer Bedeutung: die (erwartete) Gewinnentwicklung des Unternehmens und die Aktienbewertung:

  • Die Gewinne eines Unternehmens sind der Lohn der Aktienanleger für ihr Investment. Entweder erhalten sie „ihren“ Teil der Unternehmensgewinne in Form von Dividenden ausbezahlt oder dieser verbleibt im Unternehmen und erhöht dadurch im besten Falle den Unternehmenswert. Der „Gewinn je Aktie“ (engl.: earnings per share, EPS) ist ein gängiges Maß zur Messung der Profitabilität eines Unternehmens. Diese Kennzahl gibt an, wie hoch der anteilige Unternehmensgewinn für jede einzelne Aktie des Unternehmens ausfällt. Es gilt: Je höher die EPS, desto rentabler das Unternehmen – was sich wiederum positiv auf die Attraktivität der Aktie und damit auf die Nachfrage der Anleger und somit auch auf den Aktienkurs auswirken kann. Allerdings: Auch Unternehmen, die noch gar keine Gewinne erzielen, können für Anleger interessant sein. Nämlich dann, wenn ihr Geschäftsmodell für die Zukunft hohe Gewinne erwarten lässt. Das kann zum Beispiel auf junge, innovative Unternehmen, etwa aus dem Technologiesektor, zutreffen.
  • Eine häufig gebrauchte Kennzahl zur Bewertung einer Aktie ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Es gibt an, wie viele Jahre es dauern würde, bis die Unternehmensgewinne den aktuellen Aktienkurs voll „bezahlen“ könnten. Das bedeutet: Je niedriger das KGV, desto „günstiger“ ist die Aktie. Wird für die Gewinne nicht der aktuelle, sondern der erwartete Wert in zwölf Monaten herangezogen, spricht man vom „12-Monats-KGV“. Es kann wichtige Hinweise auf die zukünftige Entwicklung des Unternehmens geben. Je nach ihrem Bewertungstrend kann die Attraktivität einer Aktie für Anleger steigen oder fallen.

Weitere wichtige Faktoren, die den Kurs einer Aktie direkt beeinflussen können, sind die Quartalszahlen des jeweiligen Unternehmens, gute oder schlechte Managemententscheidungen sowie Veränderungen in der Unternehmensbewertung durch Ratingagenturen.

 

Faktor 2: Entwicklung der Branchen

Wie sich eine Aktie entwickelt, hängt häufig auch mit der Entwicklung der entsprechenden Industrie bzw. Branche zusammen. Auf der einen Seite kann eine hohe Anlegernachfrage, etwa nach einer neuen Technologie wie künstlicher Intelligenz, die Kurse von Aktien aus dem Bereich nach oben treiben. Entscheidend dabei sind die Geschäfts- und Gewinnaussichten der gesamten Branche und zunächst weniger die fundamentalen Daten der einzelnen Unternehmen. Auf der anderen Seite kann eine Schwäche von direkten Mitbewerbern zu einer Orientierung der Anleger hin zu den aussichtsreicheren Unternehmen innerhalb der Branche führen. Ein weiterer wichtiger Punkt sind regulatorische Veränderungen, etwa im Hinblick auf neue Umwelt- oder Sozialvorgaben sowie auf technologische Neuerungen, die die Aussichten ganzer Branchen verbessern oder verschlechtern können.

Faktor 3: allgemeine Marktänderungen

Ähnlich wie auf Branchenebene kann auch der Gesamtaktienmarkt von einem positiven Momentum, also einem kurzfristigen positiven Kurstrend, profitieren bzw. unter einem negativen Momentum leiden. Langfristig bedeutender ist jedoch der globale Vergleich zu anderen Assetklassen, etwa Anleihen, Immobilien oder Liquidität (zum Beispiel in Form von Spareinlagen). Je nachdem, wo die erwarteten Renditen für Marktteilnehmer in Bezug auf das Rendite-Risiko-Profil attraktiver erscheinen, verstärken oder vermindern sich die Kapitalflüsse. Wandern zum Beispiel Anleger in Anleihen ab, kann der Aktienmarkt als Ganzes unter Druck geraten – mit möglichen Auswirkungen auf jede einzelne Aktie. Dabei spielen die Notenbanken eine entscheidende Rolle. Denn ihre Entscheidungen (Geldpolitik) beeinflussen maßgeblich die Marktzinsen und damit nicht nur die Kosten von Krediten oder Investitionen, sondern auch die Renditeaussichten von zum Beispiel Rentenanlagen.

Faktor 4: Kon­junktur

Ein weiterer offensichtlicher Faktor für die Entwicklung von Aktienkursen ist die Konjunktur – sowohl auf regionaler als auch globaler Ebene. Wichtige Kennzahlen dabei sind zum Beispiel die Inflation, die Arbeitslosenquote, das Konsumentenvertrauen und das Bruttoinlandsprodukt. Läuft es wirtschaftlich gut, ist das meist auch gut für die Unternehmen und damit für ihre Aktienkurse. Sind die wirtschaftlichen Aussichten dagegen durchmischt und/oder gibt es politische Unsicherheiten oder Naturkatastrophen, die die Unternehmensgewinne schmälern könnten, kommen Aktien tendenziell auf die Verkaufslisten. Viele Anleger investieren dann lieber in sicherere Anlagen, auch wenn ihre Renditechancen damit sinken können. Aber auch gute Wirtschaftsnachrichten können den Verkauf von Aktien stimulieren, etwa wenn die Notenbanken bei brummender Konjunktur, einer Übersättigung des Marktes und zunehmenden Fehlinvestitionen mit einer Erhöhung der Leitzinsen entgegenwirken möchten. Allerdings können solche Nachrichten durchaus auch gegensätzliche Kursbewegungen auslösen.

Faktor 5: Markt­stimmung

Im Vergleich zu den eher faktenbasierten Aspekten ist das sogenannte Marktsentiment zwar schwieriger zu messen, wird in seinem Einfluss auf die Aktienkursentwicklung aber von den meisten Experten als kaum weniger bedeutend eingeschätzt. Am Aktienmarkt spielt auch Psychologie mit. Die Behavioral Finance (dt.: verhaltensorientierte Finanztheorie) versucht, die psychologischen Faktoren zu beschreiben, die das Verhalten von Anlegern bestimmen – und damit letztlich auch die Aktienkurse. Dazu gehören beispielsweise das Festhalten an Anlagefehlern, die Konzentration auf einen bestimmten, weil bekannten Markt oder die Überinterpretation leicht verfügbarer Daten.

Umsichtig und langfristig handeln

Bei der Vielzahl der Einflussfaktoren erscheint es fast unmöglich, den Kurs einer einzelnen Aktie mit einiger Sicherheit vorherzusagen. Und tatsächlich gelingt das auch Finanzmarktexperten nicht immer. Für Anleger empfiehlt sich daher seit jeher ein breit gestreutes Portfolio, das nicht nur unterschiedliche Assetklassen enthält, sondern zum Beispiel auch innerhalb des Aktienportfolios das Kapital auf verschiedene Werte verteilt. Damit lässt sich das Verlustrisiko der Gesamtanlage verringern. Aus diesem Grund kann zum Beispiel ein Investmentfonds eine mögliche Auswahl sein.

Risikohinweis

Jede Geldanlage ist mit einem gewissen Risiko verbunden. In der Regel steigen mit den Renditechancen einer Anlage auch ihre Risiken. Je nach Wahl der Wertpapieranlageform ist insbesondere mit Kurs- bzw. Volatilitätsrisiken, Risiken der Bonität, der Liquidität, der Zinsänderung, der Währung und der Länder sowie steuerlichen Risiken zu rechnen. Über die speziellen Risiken der jeweiligen Anlageform informieren Sie die gesetzlich vorgeschriebenen Verkaufsunterlagen oder Ihr Wertpapierberater.